„Die Pferde machen ihre Schuh!“
Eckehardnyk, 31. Juli NZ 9
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Als Kind glaubt man nicht an „den Tod“. Wenn man beschäftigt ist, wie ein Kind, die Welt zu erfahren, bleibt für derlei Betrachtungen überhaupt kein Platz. Stirbt dann doch mal jemand, den das Kind gut kennt und gern mag, werden seine Gedanken allerdings wacher als es den dann gefragten Erwachsenen oft lieb ist. Die wichtigste Frage wird sein: „Wo geht der Opa hin?“1 wenn der Großvater gestorben ist. Antwortest du: „In den Himmel“, wird es wissen wollen, wo das ist und was dort passiert. Antwortest du: „Zu Gott“, wirst du nach Gott ausgefragt. Deshalb ist es gut, wenn du dafür bei dir selbst schon mal Antworten gefunden hast. Denn wie gesagt, Suchen ist zum Verfluchen.
2
Akzeptierst du indessen, daß du selbst „Gott“ bist, dann weißt du, dass „der Opa“ jetzt bei sich ist. „Der Himmel“ ist dann seine eigene geistige Welt, in der ihn kein Zwang zu irgendeiner Verrichtung drängt. Kein Schmerz quält ihn, da er keinen kranken Leib mehr an sich hat. Vielleicht wird ihm sein Platz am Stammtisch fehlen, da er sich nirgendswo hinsetzen kann. Ob er mit anderen Wesen Kontakt haben wird, hängt von seinem Reichtum an Beziehungen ab, die er auf der Erde knüpfte. Seine verstorbenen Angehörigen werden ihm lebendiger erscheinen, als er sie in Erinnerung hatte. Als neue Kollegen quasi2.
3
Verlang bitte keine Beweise für das eben Gesagte. Dein Kind will nämlich keine Beweise sondern Antworten! Vollführ selbst bei dir ein Mysterienspiel, in welchem Dinge des Lebens zusammenpassen mit solchen, welche vor Geburt und nach Tod zu sein haben. Und deinem Kind schwant im Innern eine eigene Antwort. Das führt zu etwas, das wir kühn „Selbstzeugung von Wahrheit“ nennen wollen. Wie geht das vonstatten?
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Nehmen wir den oben zitierten Satz, den mir ein etwa fünfjähriges Mädchen3 zugerufen hat: Die Pferde machen ihre Schuh! Was sind Pferde? Pferde sind, das wirst du zugeben, intelligente Tiere. Ein Reitpferd vollführt genau das, was ihm befohlen wird; aber auch ohne Befehl findet es seinen Weg und „weiß“ über das hinaus, was seine Reiterin4 verlangen könnte, wenn diese zu ihm einen guten Draht entwickelt hat.
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Schon ungezählte Generationen von Reitern haben die Intelligenz bei ihren Pferden immer wieder entdeckt und zu schätzen gewusst. Das hat im griechischen Mythos sogar dazu geführt, eine Rasse von Pferden zu entwickeln, die mit menschlichem Oberkörper ausgestattet war, die sogenannten Zentauren. Sie galten als menschenfreundlich und weise. Der berühmteste war Chiron, er war heilkundig und ist als Lehrer von Herkules in die Sage eingegangen. Kurz und gut, „Pferd“ stehe hier für Intelligenz. Was ist der „Schuh“ eines Pferdes? Sein Fortbewegungsmittel. Bewegt sich Intelligenz weiter, so erzeugt sie „Fortschritt“. Selbstzeugung des Fortbewegungsmittels: Intelligenz macht Fortschritt und Fortschritt macht wieder intelligent. Genauso geschieht das mit Wahrheit: Jede Wahrheit, die erkannt wurde, erzeugt schon wieder eine neue. Deshalb ist einer der wahrsten Sätze der des Sokrates (470-399 v.Chr.), den ihm viele nachgesprochen haben wie nämlich auch Cusanus (1401-64), der unermeßliche Wahrheiten ahnte, die noch lange vor ihm lagen, als er nur eine erkannt hatte: Eines weiß ich: Daß ich nichts weiß.5
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Einer, der es wissen mußte, soll gesagt haben: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Der das gesagt hat, hat immer denselben Namen: Ich bin! Das bist auch du, das ist dein Kind, wenn es dazu erwacht; das sind alle ichbegabten Menschen. Damit wird zum ersten Mal klar, daß der Entdecker einer Wahrheit zugleich auch der ist, der sie lebt und sie auf den Weg bringt, also ihr Vollführer ist: Das Leben, das du selbst bist, kreiert sich (dich) selbst.
(c) eah
12. Februar 1999 und 31. Juli 2021
1 Nachdem 2005 meine Frau gestorben war, fragte ein Kind: Warum ist die Annelotte gestorben? Mir wurde diese Frage nur brieflich mitgeteilt und die Antwort verschwiegen, oder ich habe sie vergessen. Jedenfalls stellt diese Frage Eltern vor eine harte Aufgabe, deren Vorbereitung sich lohnt
2 Solchem Abschnitt pflegt man auf diesem Blog „Eso ein“ voran und „Eso aus“ nach zu sellen. Ich habe ihn aus der mir damals verfügbaren Intuition hingeschrieben, so wie ich das innerlich vor mir hatte. Natürlich „weiß“ ich auch, dass dem Verstorbenen in der Rückschau die Schmerzen bewusst werden, die er Anderen zugefügt hat, woraus ja das Motiv erwächst, in einem kommenden Leben für Ausgleich zu sorgen. Mit dem Begriff Karma ging man Ende der Neunziger noch nicht so lässig um wie heute
3 Das Kind lief an den Händen ihrer Eltern in der Mitte als wollte es schaukeln. Sie kamen, im Sommer 1998 von einem Badesee, zu dem ich gerade hin ging, und die Kleine rief mir diesen Satz wie in einem Glücksfall entgegen
4 Damals begann schon mächtig sich die Zeitfalle Feminismus zu rühren. Dem habe ich etwas nachgegangen und gab den in Baden-Baden fast ausschließlich zu beobachtenden Eindruck von auf Pferden reitenden Damen wieder. Der nächste Satz stellt die Ordnung wieder her: Reitende Menschen sind Reiter, wobei dies Frauen sein können, und wenn man genauer hinschaut, darf man es auch sagen: Reiterin (aber freilich nur dann)
5 Der Satz könnte auch „Ich weiß, was ich nicht weiß“ oder noch anders gelautet haben. Ich stelle heute an die Stelle, wo ich damals zumeist „Wahrheit“ geschrieben hatte, den Ausdruck „Wirklichkeit“ als immer wieder neu auftauchende Aspekte der „Wahrheit“, die ja als Wesenheit nur geistig existiert
Hat dies auf haluise rebloggt.
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Jau, Kinder stellen die richtigen Fragen. „Warum können Vögel fliegen?“ Warum wachsen die Bäume, und warum hören sie, wenn sie groß sind, zu wachsen auf?“ Warum fällt manchmal Schnee, manchmal Wasser?“ „Können Ameisen denken?“ „Warum gibt es Krieg?“ „Gibt es Engel?“
Es sind wunderbare Tests für den befragten Erwachsenen, er wird ihm vorgeführt, wie das, was er weiß, nicht viel mehr als Schall und Rauch ist.
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Kinder nehmen alles wahr wie es ist, ganz Neutral.
Erst wir Erwachsenen gebe es eine Bedeutung zu. Das ist oft gut gemeint hat aber Fatale folgen besonders wenn der Tod mit im Spiel ist und ein Vertrauter von uns geht.
Je Neutraler wir damit umgehen, desto besser kann das Kind darauf einsteigen. Es wird schon fragen wenn es mehr Wissen möchte. Manchmal reicht eine kurze Antwort, manchmal muss man mehr dazu sagen wenn immer mehr neue fragen auftauchen.
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