Nach stundenlanger leck Türe dessen, was „weit weg von mir“ so alles geschieht, Vieles offensichtlich, Vieles, was schlecht bemäntelt und dadurch doch noch vage zu erkennen ist, Vieles, was ich nur vermuten kann, weil nämlich Geheimsache, nach solch stundenlangem Rumzappen falle ich unversehens in Erinnerungen, damit in ein Gefühlsgemisch von Dankbarkeit und leiser Belustigung.
Dankbar allen guten Menschen, mit denen ich eng bis lose verbunden war und bin, leise belustigt, damals für mich schwer Wiegendes heute als Federleichtes zu vernehmen, von kosmischem Lächeln begleitet.
A
Ich war 10, stand auf der Nordseite unseres Hauses im Garten, und Frau Baumberger schritt vorbei, von links nach rechts, das hieß für mich, daß sie wohl bei Frau Bernhard gewesen war, Coiffeuse, wohlbeleibt, freundlich geschäftstüchtig, 4 wackere Knaben ernährend.
Gut erzogen, der ich war, sagte ich: „Guete Tag, Frau Baumberger!“ Sie blickte nicht um. Ich fand sie damit als wenig höflich.
Gleichen Tages bekamen meine Eltern Telefon (jaja, Ihr Deutschen, Anruf, aber Schweizer, die schickennunma Telefone hin und her). Herr Baumberger wusste zu berichten, daß seine Frau beim Haus von Dr. Voegeli vorbeigegangen sei, daß der Thomas im Garten gewesen sei, daß Thomas seine Frau, eben die Frau Baumberger halt, nicht gegrüßt habe.
Der Clou: Herr Baumberger war Lehrer. Er war Lehrer einer Klasse mit 52 Schülern, damals, in Schöftland, und ich war einer dieser seiner Schüler.
Das war dramatisch. Ich hatte die Frau meines Lehrers nicht gegrüßt. Wurde von meinen Eltern befragt. Ich schwörte, gegrüßt gehabt zu haben. Meine Eltern glaubten mir. Und was? Frau Baumberger hatte schon damals, als vielleicht 40 Jährige, erhebliche Gehörschwäche. Alles löste sich in Minne auf.
B
Röbeli, der Klassenkleinste der 52, mein Freund, er und ich am Riibi, ein kleiner Weg, der die Suhre (Bach) dortens säumt, auf dem Kirschbaum. Weil nämlich die Kirschen reif waren. Fuhr doch tatsächlich Bauer Bolliger vor, auf Velo, sah uns. Lieber Herr Bolliger, noch heute danke ich Ihnen. Ich damals, Rotznase, hörte Ihre Rede, achtete sie doch nicht. Heute, nach einer Million Arbeitsstunden achte ich sie wohl. Bitte verzeihen Sie mir, wo auch immer Sie heute sich aufhalten. Ich achtete Ihre Rede nicht.
Herr Bolliger, stattlicher Bauer, durchaus gefürchtet von uns Kindern, er tat uns nichts Böses. Seine Rede ging dahin, daß er sich beklagte. Er erzählte uns von seiner Arbeit, seinem Arbeitsaufwand, dafür zu sorgen, daß hier Kirschen wachsen. Und dann kommt ihr, ihr zwei, und ihr nehmt Kirschen einfach weg, einfach so.
Lieber Herr Bolliger. Bitte verzeihen Sie dem Röbeli und mir.
C
War da das Aarau-Schöftland-Tram. Stattliche 10 kilo Meter. War damals auch Getreide – und Kohlentransport auf diesen Schmalspurschienen. Also. Auf geparktem Kohlewagen schippten drei stattliche Mannsbilder. Mein Freund und ich, wir stiegen auch auf, weiß nicht warum, wir stiegen auf. Fluchte einer der Stattlichen und scherte uns zum Teufel. ok. Ich wandte mich zum Verlassen der Szene um, doch tat ich Eines: Ich ahmte mit meinem Knabensopran die Verflucherei nach. Drei Schritte ich weiter, da war ich von hinten gepackt und von kundig starker Hand rücklings liegend auf Kohle fand ich mich wieder. Er: Wie heißt du. Er: Wer ist dein Vater. Er: Aha. Den kenne ich. Der ist in Ordnung. Aber vorhin, da warst du gopfdmmt saufrech. Mach Solches nie wieder. Kapiert???
D
Jahre später, ich war Schmarrist. Ups. Also. Schmarrist, das war unser Nick für Schüler am Lehrerseminar Wettingen, beheimatet im sehr sehr schönen ehemaligen Kloster Wettingen. Waren da Ex- und Interne. Externe wohnten eben auswärts, Interne wohnten interniert, ups, wohnten im Internat. Ich war Interner.
Da gibts Zweierlei gar wirklich Kösteliches, was mir einfällt.
E
Unser Turnlehrer, Walter Hunkeler…er war einfach saugut. Vier Jahre lang, jede Woche vier Stunden lang, da drillte er uns, hammerhart bestimmt in der Sache, doch saufreundlich menschlich im Grunde.
Also.
Wir waren Erstklässler, und erstmalig hatten wir Turn Lesson im Schwimmbad. Entfernung Kloster Wettingen – Schwimmbad Baden, ich schätze, etwas gegen die zwei Kilo Meter. Hatten wir zu Fuß zu bewältigen, gab keinen Sportbus oder sonen heutigen verweichlichenden Scheiss. Wir, haha, wir kosteten das aus. Wir latschten mit etwas Verspätung ab, und wir latschten latschend. Kamen denne irgendwann mal an.
Befehl: Umziehen. Badehose.
Wir, auf einem Glied bedeppert ob Walter Hunkelers Schroffheit, straffe sportliche Figur, seine Sprache immer war rein und klar, er eröffnete uns, daß es so nicht gehe. Er eröffnete uns, daß wir gottverd.te Schlappschwänze seien, wenn wir für 2km Distanz zu Fuß eine halbe Stunde bräuchten. Er sagte uns, wir wollten doch Lehrer werden, doch hätten wir uns soeben verhalten wie billige Schlappschwänze. Er befahl uns: Ihr geht zurück ins Kloster, dort meldet ihr euch bei (habe ich vergessen), danach kommt ihr wieder hierher. Ich gebe euch Zeit (so und so viel). Er gab uns klipp klar so und so viel Zeit, daß wir zu wahrhaftig Eilmarsch gezwungen waren.
Damals konnte man noch aus nem Schmarren, hallo, Seminar, ausgewiesen werden, wenn man sich geforderter Verhaltensweisen nicht unterwarf. Es war uns a lesson.
Ich erinnere mich mit so was von Heiterkeit, wie wir damals, auf einem Glied (nicht zu verwechseln mit männlichem Glied) standen, und Walter Hunkeler uns eine Standpredigt verpasste, die sich gewaschen hatte. Mönsch, Walti, ich weiß nicht, ob Du noch hier auf Erden weilst, doch oft oft oft habe ich Dir für Deine wöchentlich 4 Stunden x jährlich 40 Wochen x 4 Jahre, mithin 4x40x4 = 640 Schmarren- Turn-Lektionen Dank gesagt.
F
Nach solchen Badelektionen, da hatten wir Schmarristen feuchte Handtücher. Als Anfänger des Schmarristenklosterlebens, da hängten wir unsere feuchten Handtücher über den Fensterrand der Sonne aus, zwecks Trockenung.
Scharfer Verweis durch die Internatsleitung. Warum. Verunstaltung der (wirklich schönen) Klosterfassade. Verunstaltung durch ein paar Farbkleckse. Von der neu gebauten Autobahn Baden-Wettingen sieht man das. Schande. Handtücher raushängen strengst verboten.
F
Jahre später. Ich Familienvater,
Ich war Bewegungsmensch, es drängte mich, zu rennen, heute joggen genannt. Ich hatte es im Voraus gewusst. Ich hatte gewusst, daß, würde ich nun über Nachbars Feld rennen,“ ohne Sinn und Zweck“, daß Bauernachbar das wenig erheiternd aufstoßen würde.
Und so war es auch. Nachbar, Bauer, falsch, Nachbarin, Bäuerin, sie verbreitete danach im Dörfchen, der Dorflehrer, der habe nichts Gescheiteres zu tun, als herumzurennen. Statt zu arbeiten. Bauer und Bäuerin waren gut Leut. Seid herzlich umarmt, Ihr Zweie.
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Reminiszenzen. Ein Jeder von Euch hat derer. Stelle sie ein, einfach so. Kann gut sein, daß jemand davon gut berührt sein wird.
Ram, 13.07.11
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was für Erinnerungen.
Danke fürs Teilen.
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als Kinder sagten wir immer direkt:“Wir gehen Kirschen klauen.“
War herrlich.
Den Feldschütz haben wir immer ausgetrickst.
Den gab es damals noch. Ein Beamter von der Gemeinde, der regelmäßig seine Runden in den Feldern mit dem Fahrrad unternahm.
Schule war so la la.
Meine Freundin und ich hatten keinen Respekt vor den Lehrern.
Haben die geärgert wo wir nur konnten.
Waren als Schulschreck allseits bekannt.
Wenn ich mir das alles überlege, hatten die es redlich verdient.
Spießer und Klein-Kariert.
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