bumi bahagia / Glückliche Erde

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O.Ressler: bolo’bolo / Vision des Zusammenlebens im Sinne von bumi bahagia

Dank an jokey für den Fund!

Indes die alten Systeme im Todeskampf zucken und mit Gift und Ränke bis aufs Blut verteidigt werden, spriessen leise und zuverlässig Ideen, wie wir denn unser Leben anders, besser, gestalten wollen und werden.

Mein Dank geht an den Genius meines Landsmannes O.Ressler, welcher mich mit seiner Vision inspiriert. Und er macht mir das Lesen leicht, bedient sich einer lustig simplen Ausdrucksweise, welche mich schmunzeln lässt.

🙂

thom ram, 28.05.0004(für Gestrige 2016)

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Transkription eines Videos von O. Ressler,
aufgenommen in Zürich, Schweiz, 24 Min., 2004

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Die ursprüngliche Idee, warum ich diese komischen Geheimsprachen kreiere, ist, dass die Terminologie der europäischen Linken nicht mehr brauchbar war. Wenn man heute von Kommunismus redet, ist das Gulag, das will ja niemand. Oder man redet von Sozialismus, dann ist das die Politik eines Schröder, der Renten kürzt, das will ja auch wieder niemand. Und auch alle anderen linken Standardausdrücke wie Solidarität, Gemeinschaft, sind alle kontaminiert und nicht mehr brauchbar. Aber die Dinge, die dahinter stehen, sind ja eigentlich sehr gut. Ich wollte nicht unter einer Terminologie mitleiden müssen, die ich nicht verschuldet habe, da kreiere ich lieber eine eigene. Weil jemanden zu erklären, dass der Kommunismus, den ich meine, nicht der ist, den ich gesehen habe, das dauert wahrscheinlich viel länger, als zu sagen, ich will einfach bolo’bolo, und dann macht euch alle Gedanken wieder von neuem.
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Ich bin in der Schweiz geboren und lebe jetzt in Zürich. Mein Hauptberuf ist Lehrer an einem Gymnasium und so nebenbei habe ich mich immer schon politisch betätigt. Ich bin ein alter 68er, ich war noch dabei bei diesen Anti-Vietnam-Demos und solchen Geschichten. Später war ich auch bei Hausbesetzungen und bei der Anti-Kernkraftbewegung dabei. Ich habe alles ein bisschen mitgemacht, was es so gibt. Und dann ging diese Bewegung irgendwie zu Ende, es gab dann noch eine Hausbesetzerbewegung in Zürich, in Genf weiß ich auch, dass da sehr viele Häuser besetzt waren, die wurde von der Polizei dann langsam zerschlagen. Da war nichts mehr da. Dann ist eine depressive Stimmung ausgebrochen, wie oft nach solchen Bewegungszyklen.
In dem Moment habe ich dann gesagt: Ich schreibe jetzt alles nochmals auf, was man dann doch noch wichtig finden müsste. Ich habe eine Wunschliste aufgestellt, wie zu Weihnachten, eine lange Liste von Sachen, zu denen wir sagen, das finden wir gut – eine Bestandsliste.
Und dann habe ich mir die Liste angeschaut und gesehen, die tönt jetzt ziemlich langweilig. Also z. B. so Sachen wie, „wir wollen solidarisch miteinander zusammenleben“, „wir wollen kein Wirtschaftswachstum“, „wir wollen die Umwelt respektieren“. Also diese langweiligen sozialökologischen Gemeinplätze, die man in den Parteiprogrammen findet. Das wollte ich ein bisschen von diesem Staub befreien, und da habe ich gesagt, ich erfinde jetzt mal eine Utopie. Aber es ist ja gar keine Utopie. Ich kenne ja all diese Utopien. Von der Art, wie die geschrieben sind, haben die eine gewisse Attraktivität. Diese Vollständigkeit, das Eintauchen in andere Welten mit eigener Terminologie, das hat mich auch sehr fasziniert. Ich dachte, ich kann diese Sachen, also diese Wunschvorstellungen viel besser unter die Leute bringen, wenn ich sie als Utopie verkleide.
Und dann habe ich diese Sprache erfunden. bolo’bolo heißt ja eigentlich nichts anderes als Kommunismus. Es ist einfach die Übersetzung, das sind so polynesische Lautsysteme. Ich war mal dort in Samoa, das hat mir auch sehr gefallen. Es gibt da gewisse Parallelen, Überreste von noch relativ intakten Gesellschaften, und das war dann mein Buch.
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Ich möchte betonen, es gibt keine einzige neue Idee in diesem Buch. Das sind alles gefundene Sachen. Auf das bolo kommt man aus verschiedenen Richtungen, auf die Grundeinheit, wie Menschen einigermaßen vernünftig miteinander leben können, ohne den Planeten, ihre Nerven und ihre Nachkommen zu ruinieren. Ein Approach ist die Kommunikation: Wenn Menschen nicht vernünftig miteinander reden können, dann werden sie abhängig von höheren Einheiten, oder dann müssen Supervisoren eingesetzt werden, um die Kommunikation zu benützen. Man kann jetzt z. B. die Kommunikationstheorie durchschauen, die besagt, dass die Kommunikation bei bis zu 150 Personen informell funktioniert, d. h. da braucht man keine Strukturen.
Es ist aber dann sehr gemütlich und es gibt sehr viel mehr Streit als nötig, weil eben die Kommunikation so leicht ist. Darum habe ich gesagt, eine Grundeinheit, in der man sich da versammelt, die muss bedeutend größer sein als 150. Ich habe gesagt, 500 wäre nicht schlecht, 400, 600, 700 oder 800. Es gibt dann eine andere Schwelle, die irgendwo bei 1000 liegt, bei der man, wenn man sich organisieren will, dann delegieren muss. Es braucht dann einen Ausschuss und eine Professionalisierung dieser Verwaltung. Dann kommt man in den Bereich der strukturell notwendigen Bürokratie. Das finde ich auch wieder nicht so gut, der Aufwand wird dann sprunghaft größer, weil man die Bürokratie ja kontrollieren muss, dass sie wirklich das macht, was man will. Und diese Kontrollorgane sind wieder anfällig, die muss man auch wieder kontrollieren, es wird sehr aufwendig. Irgendwo ist für mich das Fenster für eine vernünftige soziale Organisation zwischen der 150 köpfigen Gemütlichkeit und der 1000 köpfigen beginnenden Ungemütlichkeit. Da zwischendrin müsste es wahrscheinlich irgendwo sein. Das ist der eine Zugang.
Ein anderer Zugang könnte etwa ein ökologischer sein. Die ökologischen Probleme auf diesem Planeten sind ja alle im Norden, wo wir heizen müssen und ein urbanistisches Layout geschaffen haben, das z. B. den Automobilverkehr bedingt. Wenn man das zurücknehmen will, wenn man den Energieverbrauch auf eine global vertretbare Größe zurückschrauben will, dann wäre das etwa ein Fünftel des heutigen bei uns.

Ich rede jetzt nicht vom Süden, weil die verbrauchen ohnehin 100 Mal weniger Energie als wir. Die haben in dem Sinn kein Problem, die haben vielleicht das umgekehrte Problem. Da müsste man also auf ein Fünftel des Energieverbrauchs kommen. Wenn man das machen will, kann man keine Autos mehr haben. Wenn man keine Autos mehr hat, kann man keine Einzelhäuschen haben, dann muss man zusammenziehen. Dann kann man sich überlegen, welche Größenordnung von Häusern am leichtesten zu isolieren und am günstigsten zu heizen sind. Das sind immer kompakte Gebäude, weil dann das Verhältnis von Außenhaut zum Volumen am günstigsten ist. Das heißt, es müssten im Norden, z. B. in den USA, Leute aus den Suburb-Häuschen in Volks- oder Ökopaläste zusammenziehen, wo man gut heizen kann. Ich sage immer, da kann man eine Typologie machen, die jetzt überkonkret ist, das muss man natürlich ironisch sehen: Wir müssen alle in Gebäuden wohnen, die etwa acht Stockwerke hoch sind, etwa hundert Meter lang und 20 Meter tief. Dieser Klotz ist eigentlich das ökologische Muss.
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Ich gehe jetzt immer von diesem urbanen, westlichen bolo aus bei uns. Ich schreibe nicht anderen Menschen vor, wie sie sich zu organisieren hätten. Ich nehme einfach die Schweiz als Beispiel, aber es funktioniert in ganz Westeuropa so. Wie organisiert man jetzt die Landwirtschaft im Verhältnis zu diesen urbanen Gebilden? Mein Vorschlag und auch der von vielen Leuten, die das studiert haben, Ökologen und Agronomen, wäre ja der, dass man sagt: In Westeuropa braucht man zur Nahrungsversorgung von so einem bolo etwa 90 ha Land von der Art, wie wir es hier haben.

Wenn man jetzt so eine mittelgroße Stadt wie Zürich nimmt, dann befinden sich diese 90 ha Land in einem Umkreis von vielleicht 30 km um die Stadt, die hätten da Platz. Die gibt es auch jetzt noch, wenn man nicht weiter alles verbaut und zupflastert. Und dann könnte man, rein schematisch gesehen, jedem bolo einen Bauernhof von 90 ha zuordnen. Das ist relativ großzügig gerechnet, weil in der Schweiz sind die Bauernhöfe im Schnitt nur 15 ha groß, in Österreich vielleicht ein bisschen mehr. Relativ große Einheiten heißt ja nicht, dass man dann relativ große Flächen bebauen muss. Das wären ja in sich sehr vielfältige Gebilde, wo man von Kartoffeln bis zur Milchproduktion alles herstellen könnte. Dann hätte man eine ziemlich gute ökologische Effizienz, weil es müsste nur einmal pro Woche ein kleiner Lastwagen – oder vielleicht sogar ein Bahnwagen – zwischen diesem Landteil und dem Stadtteil hin- und herfahren. Im Rücktransport könnten die Kompost und alle Gebinde wieder mitnehmen. Da könnte man ein System entwickeln, dass die Leute, die im bolo wohnen, auch auf ihrem Landteil arbeiten können. Das wäre viel effizienter als die heutige Versorgung mit Supermarktketten, weil dort haben wir eine ganze Reihe von Zwischentransporten, in Verteilzentren, und dann wieder in die Supermärkte, und dann muss ich erst noch zum Supermarkt.
Hier wäre jedes bolo in sich ein Supermarkt mit einem diversifizierten Landteil, der groß genug ist, um ihn ökonomisch zu bewirtschaften. Man kann nicht mehr unsere heutige Landwirtschaft betreiben, weil die funktioniert ja nur mit einem riesigen Input von Öl und Chemie und anderen Sachen. Man müsste eine biologische Mischwirtschaft betreiben, bei der man verschiedene Pflanzen auf der gleichen Fläche kombiniert, sodass sie sich gegenseitig düngen. Nicht diese großen, monotonen Felder, das würde nicht mehr funktionieren. Aber diese Mischwirtschaft bedingt – aber das ist eigentlich schön – einen viel höheren Einsatz an menschlicher Arbeit als heute, vielleicht den dreifachen. Das ist aber nicht viel, weil heute in der Schweiz die Landwirtschaft etwa drei Prozent der Arbeitskräfte beansprucht, dann wären es vielleicht halt zehn. Aber inzwischen wären ja alle Banken gestorben und es gäbe genug Menschen, die sich da einsetzen könnten.
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Weiterlesen —–> hier
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Eine andere, auch sehr schöne Vision: Das Wildgansprinzip —–> hier

Wildgans

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7 Kommentare

  1. Avatar von Andy Andy sagt:

    Hat dies auf Andreas Große rebloggt.

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  2. Avatar von arabeske654 arabeske654 sagt:

    https://www.youtube.com/watch?v=hpFIYNuskM4

    „In der islamkritischen und allgemein der rechtsoppositionellen Szene tummeln sich bekanntlich ziemlich viele Ex-Linke, wie ich selbst einer bin, und die aufgrund ähnlicher Erkenntnisprozesse die Seiten gewechselt haben. Ich halte es für wahrscheinlich, dass wir nur die Vorhut sind: Im linken Fußvolk dürfte es buchstäblich Millionen von Absprungkandidaten geben, die sich, wenn auch nur zögernd, der Erkenntnis öffnen, dass die Anwendung linker Ideologie auf die reale Welt zu einer Serie von Katastrophen führen muss.

    In meiner Rede werde ich meinen eigenen Weg nachvollziehbar machen. Ich werde zeigen, warum die Ergebnisse linker Politik stets und zwangsläufig das Gegenteil von dem sein müssen, was angeblich angestrebt wird, und ihre Anhänger zwingt, zu einem System totalitärer Gedankenkontrolle und letztlich zur Gewalt Zuflucht zu nehmen. Ich werde zeigen, dass die Linke Lüge ihre Wurzeln in der Struktur linker Ideologie hat und daher von Linken, sofern die das auch bleiben, gar nicht vermieden werden kann. Ich werde die Hohlheit und Verlogenheit ihres moralischen wie intellektuellen Anspruchs bloßlegen.“

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  3. Avatar von haluise haluise sagt:

    Hat dies auf haluise rebloggt und kommentierte:
    wunnebar

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  4. Avatar von haluise haluise sagt:

    denkmuster: WIR brauchen nicht mehr als wir ableben
    WIR btauchen keine stapelung von geld, häusern, gegenständen, hektare
    DANN
    nix problema

    glaubt LUISE

    ÜBRIGENS
    DAVID BOHM hat das grossartige buch geschrieben DIALOG — was DIALOG ist und wie man quatscht im DIALOG.

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  5. Avatar von Marietta Marietta sagt:

    Bolo bolo und der Vortrag sind grossartig, und Luise zustimme…. ❤

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  6. Avatar von luckyhans luckyhans sagt:

    Tolle Ideen, aber stets aus der heutigen Perspektive in die Zukunft geschaut, die aber ganz „anders“ sein wird.
    Da werden wir mit der heutigen Denkweise nicht zurechtkommen.

    Denn JEDER Mensch braucht den Kontakt zu Mutter Erde – bloß nicht wieder diese abstumpfende allgemeine „Spezialisierung“ und „totale Arbeitsteilung“, sondern jeder Mensch hat eine Art Patchwork-Arbeits-Leben – er muß für sich sorgen, er muß für andere sorgen und er muß dabei auch „dienen“ (dienstleistern) – JEDER.
    Nur dann entsteht gegenseitiges Verstehen, und man wird immer aufeinander eingehen.

    Also zum Beispiel einen Tag pro Woche irgendwo „Führungsverantwortung“ in einem Projekt tragen, einen Tag selbst auf dem Feld und einen Tag im Wald arbeiten für die eigene Ernährung, und einen Tag für andere Menschen „unangenehme“ Dienstleistungen erbringen (Müllabfuhr, Verwaltung, usw.) – nur so – für jeden.
    Wie das ausgestaltet wird, da mag sich jeder selbst Gedanken machen…

    Und nochmal:
    wer heute noch in diesen Rechts-Links-Kategorien denkt und redet/schreibt, und sei es auch nur „nach hinten zu“, der lebt noch in der alten „Teile-und-herrsche“-Welt, DIE ES ZU ÜBERWINDEN GILT – ein für allemal.

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  7. Avatar von jokey jokey sagt:

    @luckyhans : Wie das „unangenhme“ vermieden wird. Nicht Tage/Wochen zersplttern – bei uns hat ein Teil der Clique jeweils etwa 3 Monate bis 2 Jahre Müllabführ gemacht…Natürlich die Hochwohlgeborenen nicht.
    @thomram : Nicht zu vergessen – Hans Widmer
    Das ist alles kein Fund – ich dachte die ganze Zeit : Das war doch was…ha ja auch noch Weltgeist Superstar

    P.M. (Hans Widmer,Zürich)
    Weltgeist Superstar
    Ein Roman. Ja und Nein. Mehr, im Romanteil eine abwechslunsreiche Story über politische Systems und Menschen darin – mit Karl Marx der retrospektiv schaut (natürlich von oben) wie es so weiterging. Geschichten vom Erdboden aus und vom UFO aus…und mehr…
    1977/78 geschrieben
    Appendix I und II habens in sich
    Erstens ein dem Sanskrit ähnlicher Sprachgrundkurs für die Verständigung mit – den Aliens. Auch für Ungläubige von Wert.
    Zweitens eine für damals (und heute) sehr freie Beschreibung der Quantenphysik in welcher P.M. fehlende Teile fabelhaft ergänzt.

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