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126. von 144 – ELTERN, KIND UND KINDERSTUBE – Du darfst

Eckehardnyk, Dienstag, Iden des März (15) NZ 10

​Präambel

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Vernünftiges Denken überwindet jede Grenze, Aber können Sie aus Liebe Hindernisse setzen?

(Urschrift zu „Abenteuer Erziehung“ (Hamburg: tredition, 2013)

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Ein Zauberwort eines Werbetexters. Du darfst! Es scheint alles zu erlauben. Butter mit weniger Fett aufs Brot zu schmieren! Diese Botschaft schmiegt sich in deine Hand und in dein Portemonnaie. Warum auch nicht? Der Reklame verdanken wir eine Menge. Lebendigkeit im flüchtigen Kennenlernen zahlloser Produkte, Dienste und Einrichtungen. Sie umrahmen unseren Alltag und versuchen uns, ihre Deutung als die allein richtige anzutragen. Der Spruch, „Du darfst“ könnte auf jeder Packung stehen, er wäre immer gelogen. Der Anbieter meint nämlich Du mußt! Dieses Produkt kaufen, nur sagen darf er’s nicht, weil er sonst unser Feingefühl von Freiheit verletzen würde, dem wir bei jeder Wahl Geltung verschaffen.

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Wie ist das aber mit dem Dürfen wirklich? Ab wann dürfen Kinder was? Nehmen wir das Kino: Ab 18 dürfen die Kinner in alle Filme. Aber gewisse Bildwerke dieser Art werden für so gefährlich gehalten, daß nicht einmal du und ich sie zu sehen bekommen, obwohl wir uns als erwachsen freie Menschen wohl gerne selber darüber ein eigenes Urteil bilden würden. Ehe wir jedoch in eine Diskussion darüber geraten, ob es „richtig“ sei, gewisse Spielfilme aus der Nazizeit wegen der Gefahr einer „Volksverhetzung“ von Staats wegen unter Verschluß zu halten, sagen wir uns hier: Es ist Illusion zu glauben, daß wir zu irgendeiner Zeit alles dürfen. Auch der reichste Mann, auch der beste Mensch auf Erden ist und wird immer an eine Stelle geraten und sogar froh drüber sein, daß er dorthin gelangt ist, wo er ein Ende seiner Macht gefunden hat. Denn genau dort wartet eine neue Herausforderung – auf jeden von uns.

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Ein Kind, das alles darf, kennt keine Hindernisse. Also wird es ins Bett machen. Ein Kind, das nichts darf, hat überall Begrenzungen, und wird ebenfalls ins Bett machen. Es kommt also auf etwas an, das wir mit Herausforderung schon bezeichnet haben (siehe Szene 125 von 144). Etwas zu dürfen, fordert nämlich heraus, sich an eine Einschränkung zu erinnern und sie einzuhalten. In jedem Tun liegt ein Können. Dieses zu erlangen ist selbstverständlich erfreulich. Mit dem Können erwacht etwas Neues im Bewußtsein: Was fange ich damit an? Und da regt sich die Frage: Ist es erlaubt? Dieses Fragen geht an dich (Vergleiche Szene 1 von 144). Es bildet eine Brücke zwischen Kind und Eltern. Eltern erlauben, Kinder dürfen. Mit Erlaubnisgeben förderst du etwas, was dein Kind sein Können (und seine Eltern) lieben lehrt.

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Manchen Kindern oder Jugendlichen wird erst nach einer längeren Krankheit bewußt, was sie alles dürfen, wie beispielsweise „einfach die Tür öffnen und raus gehen“, und fangen von Neuem an zu lieben, was sie vorher für selbstverständlich gehalten hatten und dem sie vielleicht schon mit Achtlosigkeit begegnet waren.

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Im Erlauben setzen wir Hindernisse aus Liebe. Nur gib Acht, das du nicht alles, was dein Kind macht, von deiner formalen Erlaubnis abhängig machst. In einem Warenhaus rief eine Mutter ihrem neunjährigen Buben zu: „Mach ja nix!“ und hätte meinen sollen: Freu dich daran, was du mit mir hier alles anschauen darfst. – Der Warnruf könnte zu spät gekommen sein, weil der Knabe schon etwas angefaßt und womöglich umgeworfen hat.

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Die Erlaubnis zur Begleitung durch Warenmärkte muß für Kinder mit ihren Bedingungen fühlbar sein. Nur dann sind die Kleinen bereit „nichts zu machen“ oder nichts zu fordern. Du könntest dein Kind darauf vorbereiten, indem du zuhause zu ihm sagst: „Willst du mich begleiten, wenn ich für uns einkaufe? Da sind viele neue Sachen, von denen wir nur wenige gebrauchen können. Du sagst mir jetzt, was du brauchst und ich schreibe auf, was wir alle brauchen. Und mehr gibt es nicht. Dann sind wir schnell mit allem fertig, und du darfst wieder machen, was dir gefällt. Auf dem Markt jedoch sind wir sehr aufmerksam, damit wir nichts vergessen und nicht Überflüssiges mitnehmen.“ – Das Kind in einem gewissen Alter will wissen, was Überflüssiges bedeutet. Da haben Sie einen günstigen Moment, es mit Schauder und Ekel vor falschem Überfluß, unzeitiger Schwemme und haltloser Gier zu impfen1.

© eah 17. März 1999 und 15. März 2022

1Impfen ist hier als ein geistiger Vorgang gemeint. Das schon im Althochdeutschen aus dem Lateinischen (imputare) entlehnte Wort betraf ursprünglich die Veredelung durch Pfropfen von Gartengewächsen, wird nun durch Entlehnung aus dem Englischen als Input wieder belebt


12 Kommentare

  1. Frollein Schmidt sagt:

    Das mit der Werbung ist ein sehr gut gewähltes Beispiel. Auf den Schulhöfen werden in den letzten Jahrzehnten keine Volkslieder mehr gesungen, sondern Werbejingles. Werbung ist eine ungeheuer starke unterschwellige Beeinflussung und trägt mit den Mantren, die sie den Menschen einpflanzt, viel dazu bei, dass die Gesellschaft so unmündig geworden ist.

    Viele Eltern vertrauen nicht mehr auf sich selbst und ihren inneren Kompass, sondern brauchen immer irgend welche Wegweiser im Außen, irgend jemand, der ihnen sagt, was „richtig“ und „falsch“ sei.
    Das Geistesleben hat sich dem angepasst, indem Psychologen, Pädagogen und Philosophen heute keine Grundsatzfragen höherer Warte mehr stellen, sondern nur noch „Ratgeber“ herausbringen, in denen sie sich anmaßen anderen Menschen zu erklären, wie sie sich verhalten sollen.

    Ich finde es höchst traurig, beobachten zu müssen, wie Kinder sich in diesem degenerativen System entwickeln. So bis zum 7. Lebensjahr sind sie geistig alle noch sehr offen und frei, doch schon ab dem 2./3. Schuljahr bekommt man es zusehends mit kleinen Robotern zu tun, die die ihnen eingeimpften Mantren wiederkäuen und, sowohl in ihrer körperlichen, als auch ihrer geistigen Beweglichkeit, immer enger und starrer werden.

    Das „Corona“-Maßnahmen-Experiment ist für diejenigen, die es verANSTALTet haben, sehr erfolgreich verlaufen. Es hat gezeigt, dass ein Großteil der gegenwärtigen Eltern-und Lehrer-Generation die Kinder nicht mehr beschützt, nicht mehr nachdenkt, nicht mehr hinterfragt, sondern jede noch so schädliche und schreckliche Vorgabe umsetzen wird. Die werden die Kinder auch chippen lassen, daran besteht jetzt kein Zweifel mehr.

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  2. Waldi sagt:

    „Du darfst“ gehört zum Entnazifizierungsprogramm.
    Früher hieß es „Du bist nichts, Dein Volk ist alles“.
    Heute heißt es „Du bist alles, Dein Volk ist nichts“.

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  3. haluise sagt:

    Hat dies auf haluise rebloggt und kommentierte:
    ich habe keine kinder
    drum
    erlaube ich mir das einte oder anderte SELBST
    klingt besser als „ich muss das tun“ ,,, luise

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  4. eckehardnyk sagt:

    Dieses „ich muss“ habe ich hartnäckigem Widerstand begegnend in die eine oder andere Form zu verwandeln versucht. Aber Haluises „Ich erlaube mir… die Treppe zu fegen“ oder was auch immer zu genießen ist eine geniale Entdeckung. Ich darf (mit bald 80) meinen Eltern (in mir) ermöglichen, mir dies zu erlauben…

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  5. Thom Ram sagt:

    Wieder ein Artikel hervorragend wichtigen Inhaltes. Und prima Kommentare.

    Dieses dürfen, müßen, erlauben, sich erlauben….. das Spiel damit hat mir im Umgang mit Kindern Zeit meines Lebens immer Spaß gemacht.

    Meine zwei Mädchen lehnten sich in den Zeiten ihrer Pubertät nicht gegen uns Eltern auf. Sie haben und hatten starken Willen, Durchsetzungsvermögen, können und konnten auch mal klar „nein“ sagen und gelegentlich etwas stur durchziehen.

    Ich habe mich oft gefragt, warum andere Kinder ihren Eltern während der Pubertät die Hölle heiß machen – und warum dies bei uns nicht stattgefunden hatte.
    Auch während der Pubertät kam mir die Begleitung unserer Töchter vergleichsweise vor wie der Reiter, der sein Pferd an der Lounge führt, dem Pferde maximal mögliche Freiheit läßt und Befehl sowie Korrektur behutsam einsetzt, den Befehl eigentlich mehr als Einladung rübergibt und Korrektur auf das möglichste Minimum beschränkt.

    Voraussetzung dafür ist, daß vorgängig ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis geschaffen worden ist.

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  6. Mukkele sagt:

    Bei uns dasselbe. Das Mädel hatte zwR Stimmungsschwankungen, aber von Rebellion war nichts zu bemerken. Da war ich in meiner Jugend ganz anders, vom Weglaufen bis zum Elternmord war in der Phantasie alles dabei. Unsere Jungs, Zwillinge, kamen grundentspannt durch die Pubertät. Meine Beobachtung: wenn eine Gruppe zusammenkommt (das gilt nicht nur für Jugendliche) um zu debattieren, kann man davon ausgehen, daß die dümmste Idee gewinnt. Stichwort: „Mutproben.“

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  7. eckehardnyk sagt:

    Kommentare sind das Mark des Beitrags. Hier auch. Danke.
    Die Beobachtung an den Pubertierenden kann ich für meine beiden Kinder bestätigen.
    Auch wenn wir oder Andere es nicht bemerkt haben: Auch Kinder und Kids sind werdende Götter. Und wer das als Eltern spürt, benimmt sich entsprechend, auch ohne darüber Genaueres zu wissen. Die Jungen spüren das und verhalten sich gemäß ihrem Stadium aber bleiben uns als Freunde erhalten.

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  8. Thom Ram sagt:

    Vollständigkeitshalber: Ich habe drei Kinder. Als der Drittgeborene in das Pubertätsalter kam, da hatte ich meine Familie verlassen, und ich hatte viel zu wenig Kontakt mit ihm, um über seine Art und Weise des Umganges mit Mama etwas sagen zu können. Die seltenen Male, da er und ich zusammen waren, da war er so mit mir wie im Alter 1-12, war einfach so etwas wie mein Partner, allerdings leidend darunter, daß Papa weg war. Für mich herzzerreissend.

    Allerdings, lach…..von Ferne kriegte ich damals mit, daß sich die Bezirksschullehrer freuten, als noch ein Vögeli Kind, diesmal ein Junge, die Schule besuchen wird, denn Eveline und Anja, die waren bei den Lehrern beliebt gewesen.

    Nun, haha, Olivers Klasse, die war besonders. Ich kriegte das alles nur aus der Ferne mit. Da war eine Gruppe von Schülern, die machten auch alten Lehrerhasen die Hölle dermaßen heiß, daß einige davon zack aus der Schule geschmossen wurden, nicht die Lehrer, sondern die Schüler. Oli gehörte mit zu dieser Gruppe, doch offenbar gehörte er nicht zum steinharten Kern, wurde nicht rausgeschmissen.

    Die Geschichte ging weiter. Der Rest der Klasse wurde diszipliniert. War denne dortens Elternbesuchstag. Ich ging hin. Geschichtsstunde. Langweiliger geht NICHT. Die 50 Minuten waren für mich eine einzige Peinlichkeit für das Unvermögen meines Berufskollegen.

    Der Punkt aber: Die Schüler. Mein Gott. Die waren, wie auch immer, wahrlich diszipliniert worden, nämlich diszipliniert auf ruhig sitzen und Schnauze halten. Die hockten da wie die belämmerten Schafe, gelangweilt und innerlich wachsen wollenden Widerstand unterdrückend.

    Jaja, lieber Herr Basler, es war, sorry, keine Glanznummer von Ihnen. Oh, ich auch als Lehrer bot manche Male schwache Nummern. Ich nehme Ihnen nichts übel, Herr Basler.

    Doch Eltern der Rebellierenden und Lehrer der Bezirksschule Lenzburg damals, Ihr habt versagt. Auch dies KEIN Vorwurf, ist nur Feststellung.

    Ich WETTE, hättet Ihr Ideen kreiert, wie diese schlimmen Jungs sich selber hätten verwirklichen können, mittels Theaterspiel zum Beispiel, Ihr hättet Freunde gewonnen, ja, Freunde, nämlich diese schlimmen schlimmen Jungs.

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  9. Thom Ram sagt:

    Und mit Theaterspiel meine ich Spontantheater, nicht Rollen pauken, liebe Pauker.

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  10. palina sagt:

    So sehe ich das:

    man hört immer nur:
    ich muss zur Arbeit
    ich muss einkaufen
    ich muss Auto putzen
    usw.

    Bei Eltern hört man nur:
    du musst dein Zimmer aufräumen
    du musst Hausaufgaben machen
    usw.

    Habe das bei meinen Kindern umgewandelt in den Satz:“Du darfst mir helfen.“

    Klingt für ein Kind auch anders, wenn ich sage, du darfst dein Zimmer aufräumen.

    Sie machten das sehr gerne. Und fragten dann auch ab und zu:“Darf ich dir helfen?“

    So haben sie die Töpfe abgetrocknet bis sie glänzten und sie sich selbst darin sehen konnten. Was für eine Freude.

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  11. palina sagt:

    @Thom

    danke für die Schilderungen eines Teils deiner Biografie.

    So bist du doch heute der Lehrer in deiner kleinen Gemeinschaft in Bali.
    Was auch gut ist.

    Ich glaube Lehrer, die das aus Berufung machen, leben das mit Geist und Seele bis an ihr Lebensende.

    In meiner Kindheit und Jugendzeit gab es sehr wenige davon.

    Hat mich aber auch geprägt durch mein ständiges Hinterfragen.

    Erkannte wohl schon damals diese erbärmlichen Gestalten.

    Ist mir erst später bewusst geworden was das für eine Schulung war.

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  12. Kim sagt:

    Nach meiner Erfahrung waren die Lehrer die besten, bei denen ich am meisten gelernt habe, nicht die, bei denen ich mich „verwirklichen“ konnte. Das waren naturgemäss auch die strengsten. Schlechte Noten hatte ich bei Lehrern, bei denen ich mich langweilte und daher geistig abschaltete. Faden verloren, danach keine Lust gehabt, den Seich aufzuarbeiten. Wer sein Fach beherrscht, kann es auch gut vermitteln, so denke ich mir. Da war einer, Thema Geschichte Frankreichs, der erzählte etwas völlig Trockenes und ich beschloss, ihn zu testen. Finger hoch, „ja, bitte?“ Ich fragte nach dem Namen des damaligen Königshauses. Da begann es aus ihm herauszusprudeln, die Capetinger, die Valois, die Nebenlinien und das Gerangel mit Burgund. Da erst verstand ich, wieviel Mühe er hatte, das alles in dürre Fakten einzudampfen um innerhalb des Lehrplans zu bleiben. Dieser Tag war ein Wendepunkt und der Unterricht war nie mehr langweilig.
    Ich gehöre zu den letzten Jahrgängen, die noch ein vollständiges Abitur ablegen durften, also mit Biologie, Chemie, Physik; Mathe sowieso, Deutsch, Englisch, Französisch und grosses Latinum, Geographie, Geschichte und noch so ein komisches Fach namens Gesellschaftskunde. Deutsche Auslandsschule, daher hinkten wir bei Schulreformen immer ein paar Jahre hinterher. Ausserdem kam als dritte Fremdsprache noch Italienisch dazu. Heute würde man das eine Ochsentour nennen, aber wenn man das mit dem Pensum in asiatischen Ländern vergleicht, war es doch nicht so schlimm. Kurios: als hier die Rechtschreibreform kam, dachte ich an chinesische und japanische Kinder, welche tausende von Schriftzeichen lernen müssen. Da denkt niemand daran, ihnen das zu vereinfachen. Die Chinesen sagen: „wer sein Kind verwöhnt, will es umbringen“. Daran ist etwas Wahres. Zum Thema „stures Auswendiglernen“: Schon im Kindergarten haben wir Reime gelernt und bei je-der Sil-be in die Hände geklatscht. Ergebnis: kein einziger Legastheniker in unserer Altersklasse. Auswendiglernen ist das Fundament und das Fachwerk für den Erwerb von Sprachkompetenz sowie dem Abspeichern von Informationen. Es ist aus der Mode gekommen, da es ja so schlimm repressiv ist. Aber wieso jammert niemand über musikalische Etüden oder über die immer gleichen Abläufe beim sportlichen Training? Ehrlich soviel Angst vor Kopfarbeit?

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