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Johannes / Seychellen / Müll

Johannes‘ Erfahrung mit der Müllbewältigung auf den Seychellen ist für mich eine Parallele zur geistigen Müllbewältigung in gewissen Flecken Europas. Solange der äussere Müll nicht die eigene Schlafstatt überstülpt, solange der geistige Müll nicht als nachweisliche Folge Parkinson oder Diabetes oder sonst was Lustiges auslöst, fühlt sich eine Mehrheit weder zuständig noch verantwortlich.

…die Bildschirmchen einfach weiterhin ungestört weiterbewischeln.

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Mit diesem Fazit könnte ich meine Besenfung bereits abschliessen. Tue ich aber nicht. Möcht‘ nämlich auf etwas hinweisen;

Johannes hat Samen ausgebracht. Manche Böden sind ausgetrocknet, und der Same ruht, ist scheinbar verloren. Ist er nicht. Er ist ausgebracht. Früher oder später kommt der Regen. Und dann geht er auf, der Same.

Thom Ram, 17.01.07

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Johannes Anunad

17/01/2019 um 00:34

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Ein Beispiel für „umsichtiges und nachhaltiges Verändern“ – oder wie es verhindert wurde

Auf den Seychellen lernte ich im November 2014 ein Projekt kennen, sehr populär, aus internationalen Mitteln finanziert:

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„Waste to Energy – Energie aus Abfall“

Natürlich kam u.a. auch Biogas als Option zur Reduzierung der Müllmengen in Betracht.
Die Seychellen sind reine Insellagen, hängen sehr stark von Importen ab – und vom Tourismus, der über 80% aller Devisen ins Land bringt, können Müll also auch schlecht „einfach entsorgen“ oder überall in der Landschaft6 herumliegen lasse. Das geschieht leider dennoch, sogar an den wunderschönen, weißen Korallen-Sandstränden mit Weltruhm. Die zentrale Müllkippe quoll bereits fast über, weitere Standorte sind sehr begrenzt und weitere Eingriffe in die wunderschöne Natürlichkeit der Inseln sollen natürlich vermieden werden.

Ich saß u.a. auch mit dem 1. Sekretär des Umweltministers sowie dem Direktor der „Energy Commission“ zusammen, dem „Regierungsarm“ der Energiewirtschaft.
Bot meine Hilfe an als Experte für Biogas, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.
Ich hatte mir bereits die momentanen „Müllwege“ angesehen:
Müll wird auf Mahe, der Hauptinsel der Seychellen, auf der wohl mehr als 80% aller Einwohner leben, an Sammelplätzen an den geteerten Straßen zusammengetragen und an sechs Tagen die Woche mit rel. kleinen Müllfahrzeugen – leider unsortiert – eingesammelt, wie es die örtlichen Straßenverhältnisse eben ermöglichen, und zur zentralen Müllkippe gebracht. Recht modern also. Auf den ersten Blick.

Wie in tropischen Ländern recht üblich, verbrennen die Allermeisten alles, was möglich ist (neben aller irgendwie brennbaren Organik, egal wie feucht, auch den Hausmüll) überdies auf dem eigenen Grundstück… Dann muss es nicht getragen werden. Dann muss es auch nicht verwertet/kompostiert werden…

Die Seychellois sind ein recht bequemes Völkchen…

In einem ebenfalls international finanzierten Projekt gab es, verteilt über die ganze Insel, Tages-Workshops, kostenfrei, sogar mit Bewirtung, um den Menschen das häusliche Gärtnern zur Selbstversorgung wieder etwas näher zu bringen… u.a. in überdimensionalen BLUMENKÜBELN, mit Kunstdünger, Einführung in chemische Schädlingsbekämpfung usw.!!! Ausgeführt von einem der ortsansässigen, konventionellen Gärtnereibetreiber…

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Ich hatte ebenfalls mit dem Landwirtschaftsminister etliche Gespräche, außerdem guten Kontakt zur Landwirtschaftsschule und -forschungseinrichtung, beide in meiner Nachbarschaft… Kompostierungsansätze bzw. Nutzung der organischen Rohstoffe in den Privatgärten? Fehlanzeige.

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Ich demonstrierte dem Forschungsleiter im Gegenzug meinen selbst gebauten, beeindruckenden „Magic Circle“, eine Pflanzenkläranlage, in welcher sämtliche Hausabwässer außer den Fäkalien abgebaut wurden, mein selber angelegtes Hügelbeet… meine Papaya- und Bananenpflanzung um den bisherigen „Septic tank“ (mehrstufiger, landestypischer Sickertank für häusliche Abwässer) herum, zur Aufnahme der dortigen Nährstoffe…
In dem „Magic Circle“ und dem Hügelbeet verarbeitete ich sämtliche anfallende Biomasse meines eigenen Grundstücks (ca. 500m²) sowie Alles, was bei meinen Nachbarn anfiel und entsorgt werden sollte (auch Dicke Äste, Laub, Grasschnitt, Kokosnuss-Rückstände… genial! Als Vorbild, so dachte ich… zum einfach ansehen…
3,5m hohe Papaya und Bananenstauden wuchsen im „Magic Circle“ innerhalb von sechs Monaten! Die ersten Papaya waren da bereits fast erntereif, als ich letztlich abreiste.

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Weiterführende Resonanz darauf im Landwirtschaftsministerium, außer „höflichem Interesse“? Leider NULL…

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So wandern auf den Seychellen auch viele etwas sperrigeren Gartenabfälle, wie die vielen Palmwedel usw. und auch viel organischer Hausmüll wie sofort übel stinkende Fleisch- und Fischabfälle auf die Hausmüll-Sammelplätze…

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WO also wäre ein günstiger Ansatzpunkt zur Müllproblematik???
Bei der Verwertung???

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Nun zur „Planung“ im Projekt „Waste to Energy“:
– Wie groß muss/kann eine Biogasanlage sein, die den organischen Müll verwertet?
– Was für eine Technologie?
Kaum weitere Fragen, schien mir…

KEINE verfügbaren Datengrundlagen über Müllmengen, Verteilung von Müllfraktionen usw.. Im Verlauf eines ganzen Jahres konnte mir niemand derartige Daten zugänglich machen.

– Keinerlei Entwicklungsprognosen
– was für eine Erfassungsmöglichkeit? Aufwand/Nutzen?
– Keinerlei Gedanke daran, anstelle einer Verwertung der Müllmengen über Strategien nachzudenken, wie der Bevölkerung vermittelt werden kann, den gesamten organischen Müll auf den eigenen Grundstücken zu belassen, zu vermeiden also – und damit zugleich wertvolle Nährstoffe dort zu belassen.
– Biogasanlagen sind extrem teuer in der Investition und nur bei sehr erfolgreicher Bewirtschaftung auch ökonomisch nachhaltig. WAS also, wenn immer weniger Rohstoffe (Biomüll) für den Betrieb anfallen, sollten die Menschen doch „vernünftiger“ werden über die Jahre?
WIRTSCHAFTLICHKEIT???

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Ja… Kreislaufdenken hätte ich mir dort zunächst so vorgestellt, ein paar gut passende, plausible und mit Daten hinterfütterte Szenarien zu entwickeln, wie die Entwicklung der Müllthematik verlaufen könnte. Eine Projektstudie also. Um auf dieser Grundlage wirklich weise und keine symptomgesteuerten Entscheidungen zu treffen.
In diesem Fall UNMÖGLICH.

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Das vorläufige „Ende vom Lied“:
Im Oktober 2015, also ein Jahr fast nach den ersten Gesprächen, ich war kurz zuvor nach Europa zurück gekehrt, erhielt ich eine Einladung über den Direktor der „Energy Commission“, mich kurzfristig endlich mit dem Energieminister zu treffen wegen meiner Vorschläge für dieses Projekt… da war es für meine Unterstützung natürlich zu spät…

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Weiter musste ich akzeptieren, WIE verschlungene Wege der Entscheidung über Projektmittel bestehen, wenn Jede(r) sich davon gerne noch „ein Scheibchen abschneiden will“… ich fürchte, nur sehr wenig (auf den Seychellen trotzdem immer noch mehr, als an vielen anderen Orten der Welt, sie sind Vorzeigestaat für Entwicklungshilfe!) davon kommt letztlich den beabsichtigten Projekten selber zugute…

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Soweit diese Geschichte aus dem Leben eines wirklich motivierten „Entwicklungshelfers“. Ich hatte meine Hilfe zunächst, wie ich es immer handhabte, sogar unentgeltlich angeboten, als meinen ganz persönlichen Beitrag zum dortigen Gemeinwohl. Auch Das verstand dort offenbar Niemand…

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Johannes Anunad

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7 Kommentare

  1. Hawey sagt:

    @Johannes Anunad,

    Hallo Johannes, ja ich sehe Du hast ein umtriebiges Leben. Muss frustrierend sein wenn man Hilfe für Probleme anbietet wie zum Beispiel die oben beschriebenen in Deinem Artikel und es nicht richtig angenommen wird. Es gibt aber auch gute Beispiele habe gestern ein Video auf YouTube gesehen was zeigt es geht. Man kann was erreichen wenn alle mitspielen einschließlich der Regierung.

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  2. Johann sagt:

    Eigentlich wäre es ganz leicht. Da wie du sagst die Seychellen zu 80 % vom Tourismus Leben, wäre da der Ansatz ( muß die Regierung und Bevölkerung aber mitspielen ) Werbung für die Inseln zu machen als ökologisch nachaltige Umwelt Region. Das wäre ein Wettbewerbsvorteil gegenüber andere Touristen Destinationen.
    Der umkehrschluss wäre das irgendwann die Menschen nicht mehr kommen. Wer will schon zwischen Abfall Baden gehen.

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  3. Angela sagt:

    Lieber Johannes!

    Großartig, was Du dort auf die Beine stellen wolltest. Und letztendlich , wenn auch zu spät,- hat es dennoch im Oktober 2015 eine Wirkung erzielt. Ich schließe mich ThomRam an, der in seiner Einführung sagte:

    „… Johannes hat Samen ausgebracht. Manche Böden sind ausgetrocknet, und der Same ruht, ist scheinbar verloren. Ist er nicht. Er ist ausgebracht. Früher oder später kommt der Regen. Und dann geht er auf, der Same…. “

    Gar nicht zu vergleichen, aber doch solches illustrierend meine Geschichte, die schon lange her ist.

    In einem waldähnlichen Park nahe einer Schule, in der ich mit unseren Hunden immer spazierenging, lag überall Müll, was mich sehr störte.

    Da haben wir begonnen, mein Mann, unser damals 12 jähriger Sohn, und ich jede zweite Woche einmal sämtlichen Müll aufzusammeln und sachgemäß zu entsorgen. Das ging ein paar Monate so.

    Dann wurden Lehrer der Schule darauf aufmerksam, übernahmen mit ihren Klassen regelmäßig diesen Müllsammeltag und fortan war der Wald wieder sauber und schön. Und den Kindern hat das sicher auch gutgetan.

    Lg von A n g e l a

    Gefällt 2 Personen

  4. Johann sagt:

    @Angela

    Großartig, weil es zeigt (mein allergrößten Respekt vor Johannes) das es auch die kleinen Dinge sind die eine Veränderung bringen.

    Gefällt 2 Personen

  5. Johannes Anunad sagt:

    Danke Euch für Euren Zuspruch, liebe Angela, ThomRam und Johann!
    Lese das jetzt gerade erst, weil ich den Beitrag offenbar irgtendwie nicht gelinkt hatte…

    Ja: Hoffen wir, dass sich daraus zwischenzeitlich noch weitere Impulse für den Inselstaat mitten im Indischen Ozean entwickelt haben, auch ohne mein Zutun…

    Schon in jungen Jahren wurde mir rasch deutlich, dass es IMMER nur MIT den Betroffenen geht, also mit „Hilfe zur Selbsthilfe“. Da hilft alle Expertise nix, wenn noch keine Offenheit vorhanden ist und „der Rechte Ton“ als Herzöffner noch nicht angeschlagen wurde/werden konnte… Insofern habe ich auch genau durch diesen Verlauf dort so Einiges FÜR mich und IN mir gelernt von den Seychellois und danke ihnen dafür 🙂

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  6. Johannes Anunad sagt:

    @ Johann
    17/01/2019 um 21:36

    Kurioserweise WERBEN die Seychellen in der Tat genau auf dieser Linie und es gibt auch entsprechende Vorgaben für die Tourismus-Branche… was aber eher feigenblattartig umgesetzt wird… und zu teils recht kuriosen Lösungen führt:

    Auf La Digue wurde gerade ein Projekt ausgeführt, um dort Elektroautos einzuführen. Es ist die Drittgrößte (oder eher „kleinste“?) Insel, deren Charme bisher darin ebstand, am Hafen ein Fahrrad auszuleihen und damit die egsamte Insl problemlos zu erkunden oder aber sich mit einem – traditionellen – Ochsengespann herum fahren zu lassen 🙂 Den Erlebniswert könnt Ihr Euch vorstellen.

    Zwischen 2011, meinem ersten Besuch dort und Ende 2014 hatte der Autoverkehr dort deutlich zugenommen, vorher gab es nur wenige Handvoll auf der Insel. Es kam auch immer wieder zu – besonders nächtlichen – Verkehrsunfällen zwischen den dort frei laufenden Riesenschildkröten und Menschen – auf den völlig unbeleuchteten Straßen halt.
    Früher waren da eher die nächtlichen Fahrradfahrer die Leidtragenden… inzwischen wohl eher die Schildkröten, beim Zusammenstoß mit Autos…

    Der Nutzen der geplanten Elektrofahrzeuge ist also eher ein typisches Symptom „kulturellen Fortschritts“ und der Touristen-Bequemlichkeit, die Praxistauglichkeit stelle ich grundsätzlich in Frage – bei Erzeugung fast allen Stroms, der auf den Inseln verwendet wird, mit Diesel-Generatoren (teuer, unökologisch, laut und auch noch schmutzig)…
    Damals wurde dazu gerade eine Studie erstellt… und das Verbot aller kraftstoffgetriebenen Fahrzeuge in Erwägung gezogen.

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  7. makieken sagt:

    Zum Thema „Strom ökologisch generieren“ gibts hier noch eine hübsche Seite. Besonders interessant ist der Hinweis auf den Fahrradgenerator am Ende des Artikels. Werde mir auch mal einen basteln (lassen). http://auf-dem-weg-in-die-freiheit.blogspot.com/2019/01/wenn-der-strom-zu-teuer-wird.html

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