Sandmännchen sagt:
Ich dürfte das eigentlich nicht in bb stellen, mein Big Boss (mBB) würde schön mit mir schimpfen, wenn er wüsste, was ich hier erzähle. Er würde mir sagen, Blog bb habe sich nicht mit seinen persönlichen Befindlichkeiten zu befassen, sondern Wesentliches mitzuteilen. Vielleicht würde er sagen, ich mache da einen Furz ins Güllenloch oder so, er redet oft mal ziemlich blumigdeutlich mit mir, doch auch wenn er grollt, habe ich keine Angst vor ihm, er ist ein lieber BB.
Mich freut es eben so, wie mBB die letzen 24 Stunden verbracht hat, dass ich einfach erzählen muss.
Zum Auftakt hat mBB den gestrigen Abend mit einem holden Wesen verbracht, da hat er mich ausgesperrt. Ich sah, dass er danach beschwingt nach Hause fuhr und war neugierig, was die gute Laune wohl nach sich ziehen werde.
Er genehmigte sich seinen wärmenden Klaren und ich hatte keine Mühe, ihn in tief erholsamen Schlaf zu sändelen.
Sein Wecker holte ihn nach knappen drei Stunden da raus, es war Morgen um halb Viere, und der alte Freund jumpte wie ein Füllen aus dem Bett, verstaute schnell ein Fast Nichts im Rucksäcklein und startete sein aktuell liebstes technisches Gerät, die Inazuma* mit dem samtenen Ton und den hinternerfreuenden good Vibrations.
mBB liess es zu, dass ich intensiv mitreisen durfte, huu, das war mal wieder was! Von Beginn weg mit Zug nach vorn, die Strassen waren gut, die Nacht stockdunkel, das Maschinchen pendelte zwischen sonorem Bass, markigem Tenor und heiserem Alt- und Soprangesang. Vor allem Letzteres. Das Männerherz hüpft.
Exakt gezirkelt durch die unzähligen Kurven, unzählige Schlusslichter tauchten auf und verschwanden hinten in gewandelter Form als kleiner werdende Scheinwerfer. Die entgegenkommenden Fahrzeuge blendeten, und die vielen Trucks unter ihnen stanken uns von der Seite an, was unser Vergnügen nicht im Geringsten schmälerte.
mBB drehte weiter auf, er kam in den Zustand des „nur Fahrens“, die Zeit blieb stehen, oder sie eilte mit Siebenmeilenstiefeln, ich konnte das nicht mehr unterscheiden, und erstaunt stellten wir fest, dass wir bereits beim traditionellen Kaffeepausedorf waren.
Abgestiegen, ein Stück süsse Melone geniessen, den guten Mann im Funzellicht erinnern, dass der Kaffee doch bitte ungezuckert sein möge, mit den zwei Frühaufstehern auf der soliden Holzbank die Anzahl Kinder und Enkel feststellen, dabei einwerfen, dass die Grosstante in Schneisingen gewohnt, gegenseitig versichern, dass es immer noch morgen früh ist, und weiter ging es.
Alle Muslim fahren nach Hause, es ist Hari Raya, der Verkehr ist belebt, haargenaue Zirkeleien, sehr nahe all die Mopeds und Trucks, wir fahren scharf links**, wenn die Entgegenkommenden überholen, wir nützen in Sekundenbruchteilen jede Chance, Mitfahrer hinter uns lassend unser scharfes Tempo zu halten.
Mittlerweile ist es hell geworden, auch über 100 liegen immer mal drin, der Fahrtwind ist erträglich, denn es herrscht der Ostmonsun, die Maschine jubelt sich noch und noch in die Ekstase jenseits der 8000, der einzige Fahrfehler eines Mitfahrenden wird von allen Beteiligten elegant ausgebügelt.
Wieder ist keine Zeit vergangen, und wir stehen im noch kleinen Pulk** von vielleicht 2000 Mitfahrern, welche auf den Verlad auf die Fähre warten. Heitere Gespräche mit jungen Männern, kleine Kinder zwischen Mama und Papa und 100Kilo Gepäck schauen neugierig zu.
Ich musste dann mal wieder weg, auf der andere Seite der Erde waren einige ernsthafte Sandprobleme zu lösen.
Als ich wieder dabei war, fand ich mich auf der gewundenen kleinen Strasse, beträchtlich über Meereshöhe, angenehm kühler Fahrtwind, die Maschine nun als wohlig schnurrenden Cruiser vorfindend. Urwald, steile Abhänge, Reisterrassen, tropische Fruchtbäume, Hühner auf der Strasse und beim Vorbeifahren an Moscheen Muzzedin, welche ihren Singsang verbreiteten.
***
Angekommen wunderbar bewirtet mit nicht poliertem Reis, scharf gewürztem Gmüs’ und dem Bein eines glücklich gelebt habenden Hühnchens, und dann merkte ich schon: Aha. mBB ist in kreativer Laune.
Wir sind da in einem kleinen Häuschen, welches der herzensguten besten Haushälterin bHH meines BB gehört. Ihr Papa, der ist schlappe 93 Jahre alt, er hat ein langes hingebungsvolles Leben mit Betreuung von Pflanzen an heissen, steilen Hängen in seinen Knochen, er hat keine Zähne, hört fast nichts, und wenn er etwas vom Gespräch versteht, lacht er sein wissendes Hohoho, und alle lachen schallend.
Die Körperpflege ist in dieser höheren Lage mit kaltem Wasser doch eine Sache für eher masochistisch Veranlagte, und schon lange hat mBB gedacht, man müsste doch eine Solaranlage machen.
Heute war er nicht mehr zu bremsen, er nahm einen Wisch Papier und schrubete auf (immer verdreht er Wörter, er hat mich damit angestackt), was es alles benötigen würde. Zusammen mit dem Gatten der munter rumplappernden HH (Haushälterin) peilte er nochmal Sonnengang, Hausausrichtung und Baumbestand, und schnell fanden die beiden Männerhirni die beste Ecke, wo ein Paneel aufgestellt werden kann.
Ueberschlagsrechnung: Eine Million genügt. Ach, das scheint dir teuer? In Indonesien, da kriegst du für eine Million 70 Euro. Also doch nicht ganz so teuer.
mBB entschied, das Paneel als Schlange, nicht als parallel laufende Röhren zu machen. Experiment. Man muss es ausprobieren, sonst lernt man nichts, pflegt er mir zu predigen. Er ist eben Oberlehrer. In dieser seiner Funzion machte es ihm auch Vergnügen, dem Gatten zu verklären, warum das Paneel unten und der Tank oben sein muss. Ich verstehe das zwar nicht, mein Sand rieselt nach unten, egal ob er warm oder kalt ist, aber mBB wird schon wissen, was er macht.
Luftig rasante Fahrt zum Baugeschäft. Ausnahmsweise mit Helm, denn in der Luft ist immer noch ein bisschen Vulkanasche. Die verganenen drei Tage waren die Leute alle zuhause geblieben, denn die Luft war unerträglich geschwängert gewesen damit, so erzähle mir die bHH.
Baugeschäft… hm, lieber Sandmännchenleser, das ist kein Bauhaus mit gefühlten Hektaren Verkaufsfläche, es ein kleiner Laden und so gerammelt voll, dass man einen allenfalls vorhandenen Bauch einziehen muss, wenn zwei Leuts passieren wollen, und weil da einige Leuts sind, muss man mit konstant eingezogenem Bauch rumlaufen. Gut, dass mBB keinen hat, ihm geht es gut dort im Geschäft.
Dann ab zum Schreiner, denn der Paneelrahmen und die Beine sollen aus Holz gemacht werden. 8m 4X7 und 16m 3×5. Kosten: 80’000.- Teuer, gell. Hihi, das sind 5,5 Euro. Meinen BB haut es immer wieder um, wenn er Holz in Indonesien kauft, denn er erinnert sich an Holzpreise in seiner angestammten Heimat.
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Der Jüngling, der das Holz transportourte, der machte das so:
Er hockte sich auf sein Moped. Sein Kollege lud ihm die Latten auf die Schulter, und ab ging es. Vier Zweimeterlatten und vier Viermeterlatten auf der Schulter, das Moped einhändig gefahren. Bitte erschtens emol nochemache und zwöitens so dur Züri fahre, sagt mBB zu mir, und ich weiss, was er meint.
Der Jüngling ist einer der sechs Schreiner des Betriebes. Angekommen, sitzt man erst mal in der Stube und trinkt Kaffee. Er hört, worum es geht und das hat er noch nie gehört.
mBB wollte die Latten mit seiner geliebten Gerinda (Flex) schleifen, doch das ging so nicht. mBB ist für ein ausrangierter Organist saugut in sone Sachen, aber doch ging es so nicht. Der Jüngling erbat sich die Gerinda und schloff die Latten noch schneller und perfekter, als mein geliebter BB es kann. mBB schaute zu und mimte danach die beleidigte Zicke. Grosses Lachen.
Einer aber blieb stumm. Da ist ein Mann, der hat keinen Namen, weil er keinen braucht. Er hört nämlich nichts. Zudem hat er keine Stimme. Zudem hat er nur ein Auge. Er blieb Stumm und lachte mit, mit seinem derben Wettergesicht.
Damit war die Fuhre in Fahrt. mBB plante vorwiegend, der Gatte sägte vorwiegend, der Mann hielt, was man halten musste und er körpersprachte, was er dabei an Ideen beizutragen hatte, und der Jüngling liess seine geschickten Hände wirken. Wieder gab es keine Zeit, es war einfach „Paneelmachen“.
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Männerarbeit.
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mBB und ich genossen in besonderer Weise. Der der Mann ohne Stimme hat wirklich keine Stimme. Zusammenarbeiten ohne Reden, nur mit Gesten, stille Intensität, alle Herzen lachten.
Dem Jüngling spendierte mBB Zigaretten. Der Jüngling arbeitete ohne einen Gedanken an Lohn.
Ein richtiger Mann, würde mBB sagen.
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…..Ah. Erwischt! Sandmännchen, Sandmännchen, du hast also eine ganz und gar unbedeutende Geschichte eingestellt. Ich verzeihe dir, denn du bist das Sandmännchen.
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Das Paneel wird morgen fertig werden. Meine Erfahrung ist: Theoretisch wird es funzen. Die Praxis überführt die Theorie oft der Idiotie. Wir werden sehen.
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Und ja. Es war ein richtiger Männertag. Mit offenem Herzen und regem Geist einem Menschen begegnen, kurz und richtig schlafen, rennmässig fahren. Mit guten Männern ruhig zielstrebig eine gute Arbeit verrichten.
…
Euer thom ram, äh Sandmännchen, 11.07.2015
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*Suzuki Inazuma
250er Zweizylinder, 24PS bei 8500, 24Nm bei 6500U/Min, Spitze 135, satte 182kg, suchtfördernd auch für einen, der 4zylindrige Kisten mit nähmaschinigen 100PS gefahren hat.
** Indonesien hat Linksverkehr
*** noch kleiner Pulk.
Wenn man zu den Hauptsosszeiten fährt, wartet man in einem Meer von Mopeds, dicht an dicht, alle sind friedlich und geduldig, es kann 10 Stunden dauern. Auto- und Busfahrer können auch mal bis zu zwei Tage warten. 48 Stunden.
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Hat dies auf NeueDeutscheMark2015 rebloggt.
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„Bitte erschtens emol nochemache und zwöitens so dur Züri fahre“
*gröhlprust*
Besser nicht, sonst zahlt man einige Milliarden Rupiah Busse, hockt ca. ein halbes Jahr im Knast und fährt danach nie wieder…
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