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25 von 144 – BÜNDNIS MIT KINDERN – Geschicklichkeit und Karriere – 26 von 144 Umgang mit Vitamin B (Abenteuer Erziehung. Zweite Auflage)

Eckehardnyk 28. Februar NZ 12

    1. Geschicklichkeit ist eine Voraussetzung für Gleichberechtigung. (Wer hätte das gedacht?) Doch wann und wo beginnt Karriere? – Nochmal langsam. Geschicklichkeit ist eine jener Tugenden, die das Kind begleiten, wenn es sich in Etwas übt.

    Wir haben in voran gehenden Szenen Einiges aufgezählt, und im Verlauf dieses Textes wird der eine oder andere Faktor aus den kindlichen Zeitaltern noch auftauchen, der eben nochmals und anders zu betrachten ist.

    2. Hast du schon beobachtet und vielleicht auch bewundert, wie dein Kind sich geschickt anstellt, um an Sachen heranzukommen, die es nicht haben soll (ihrer Gefährlichkeit oder Empfindlichkeit wegen)? Plötzlich hantiert es mit Schere, Meißner Porzellantassen oder ihrem Lieblingsparfüm, hat sich Stecknadeln in sein Leibchen gesteckt oder probiert mit dem Mund aus, wie sich Reißnägel anfühlen. Und mit ein bisschen Glück geht die Sache gut aus. Erst ein Schreckensschrei bringt unter Umständen es dazu, eins der spitzen Objekte zu verschlucken.

    Oder es beeindruckt uns, wie klug ein Kind beim Gehversuch umsinkt und von allein sogleich aufsteht. Auch sprachlich ist ein Kind energisch dabei, in seinem Beobachtungsumkreis neue Phänomene, wofür ihm bisher Namen fehlten, mit einleuchtenden Ausdrücken in Besitz zu nehmen.

    3. Geschicklichkeit ist ein sehr früher Begleiter, für jedes Geschlecht. Dennoch muss Freizügigkeit bei der Entwicklung von Geschicklichkeit nachhaltig sein. Lust gehört ständig dazu. Damit daraus Übung wird, aber Interesse bestehen bleibt, hat die Natur das Spiel „erfunden“. Spielend lernen Mensch und Tier. Sogar bei den Pflanzen meint man, sie kommen „spielend“ ans Tageslicht. Man sollte sie nur lassen. Einer kleinen Katze zu befehlen: Nun spiel mal! Wer dächte an sowas? Aber sie braucht dennoch eine Gelegenheit dazu, eine leere Garnrolle1 oder trockene Blätter, um hinterherzujagen.

    Auch einem Kind braucht man nicht zu befehlen: Spiel! Material und eine friedliche Umgebung braucht es (denn Angst tötet Kreativität.) Als Neugeborenes spielt es mit seinen Fingern und Händen. Dazu sollte es allerdings auf dem Rücken liegen dürfen. Mit den einfachsten Materialien wird am ausgiebigsten gespielt. Zu vermeiden sind deshalb fertige oder piekfeine Sachen. Ein Kind bringt die „Fertigkeit“, ein anderes Wort für Geschicklichkeit, hinzu, wenn es etwas anfertigen oder fertig stellen darf. In jeder Lebensphase lernt ein Kind spielerisch etwas hinzu – wenn es darauf kommen darf, indem man es erlaubt und ihm Zeit lässt. Du machst das zwar vielleicht schon, aber womöglich nehmen allzu oft Fernsehen oder Videospiel einem das ab. Schade, denn in diesem Bereich entdeckt der Mensch schon als Kind seine Möglichkeiten, was in dieser Phase seines Lebens Freiheit bedeutet. Ein junger Hund in einer Wohnung sollte es in dieser Hinsicht nicht besser haben. Er spürt immer gerade so viel in seiner Umgebung auf, wie er benötigt, um mit seiner Art zu überleben weiterzukommen. Und „Weiterkommen“ ist die Übersetzung für das magische Wort „Karriere“ (Französisch carrière von Italienisch carriera).

    5. Aus irgendeiner besonders hartnäckig gepflegten Geschicklichkeit deines Kindes wird eventuell in der Schmiede der Pubertät ein bleibendes Interesse geformt, in der Regel ein Berufswunsch. Ein anfängliches Spiel wird Profession. Und bei jedem Kind wird das zu einem anderen Zeitpunkt sichtbar. Schließe für dein Kind aus, dass es an mangelnden Gelegenheiten zum freien Spielen und Lernen gelegen habe; oder an der überholten Einstellung, eine bestimmte Geschicklichkeit schicke sich nur für ein bestimmtes Herkommen, Alter oder Geschlecht. Du siehst den Begriff der Begabung jetzt außen vor gelassen. Doch darüber existieren verzweifelte Vorstellungen, solange man diese allein auf Vererbung zurückführt, und eine Diskussion darüber würde hier zu weit führen.

    6. Geschicklichkeit und Fähigkeiten sind immer gelernt, egal ob in diesem oder einem vorhergehenden Leben. Bringt jemand eine pränatale Disposition zur Musik mit, wie zum Beispiel ein absolutes Gehör, ist es umso schöner für die Umgebung, Eltern sollten so etwas dankbar und rechtzeitig bemerken und die Atmosphäre zu Übung, Pflege und Ausführung zu schaffen.

    7. Für das Überführen von Begabung in die Karriere eines Menschen sind jedenfalls Spekulationen über Vererbungslinien selten relevant. Wenn eine Veranlagung über die Pubertät hinaus Bestand haben soll, muss sie genauso gepflegt werden wie jede andere Geschicklichkeit auch, und zwar durch das Zulassen sowohl von Neuigkeiten als auch von Wiederholungen beim Spiel. Dein Kind wird dir dankbar sein, wenn du es seine Karriere selbst finden lässt.

    1) Im Dialekt von Daxlanden (Karlsruhe) gibt es dafür den hübschen Ausdruck Korwausele (Quelle: Brigandedeutsch für Anfänger, Verlag Kessel, http://www.forstbuch.de)

    ​26 von 144 – Umgang mit „Vitamin B“

    8. B? Das hat mit Beziehung zu tun. Gemeint sein könnte auch D – D wie Dankbarkeit oder Diplomatie. Oder P wie Pate. Aber Alles der Reihe nach. Außer „Talent“ ist noch was Anderes wichtig, um Karriere machen zu können. Etwas, das mit Dankbarkeit zu tun hat. Zuerst denkt man wohl: Mit Beziehung, genauer gesagt mit Beziehungen! Das nennt der Volksmund „Vitamin B“. Mal ehrlich: Was nützen die besten Beziehungen, wenn dafür die Fundamente fehlen? Und was ist dabei Fundament?

    9. Wenn nun zum Beispiel jemand Chefarzt von einem Kreiskrankenhaus ist und plötzlich Besuch bekommt von dir, und du sagst:

    „Hör mal, mein Sohn, der braucht einen Posten als Oberarzt; du hast wohl nicht gerade eine Stelle in eurem Krankenhaus frei?“

    Was glaubst du, wie da seine Antwort ausfällt? Ich sag’s dir ehrlich: Je nachdem. – Und das hängt nicht von B sondern von D ab, deshalb braucht dein Sohn D wie Dankbarkeit. Der Chefarzt muss dir nämlich für irgendwas wirklich dankbar sein. Sonst kennt er nur die Vorschriften, und die besagen: So eine Stelle gehört ausgeschrieben.

    10. So weit aus irgendeinem Drehbuch der Film- oder Fernsehgeschichte. Für Chefarzt kannst du auch Pate einsetzen; es geht hier um das Prinzip, wie Karrieren zu fördern sind. Es beruht auf der oft als Schmiermittel denunzierten Fähigkeit, seine Beziehungen spielen zu lassen. Solche zu haben und Karrieren zu schmieden ist aber eine der menschlichsten Angelegenheiten überhaupt.

    11. Am Ende der Laufbahn ist merkwürdigerweise von Dankbarkeit die Rede. Egal wie der Anfang zustande gekommen ist – immer haben Menschen weitergeholfen, angeregt, informiert, finanziert, korrigiert, lektoriert oder sonst wie Zeit geopfert, damit eine Karriere erfolgreich oder hervorragend sein konnte.

    12. Es ist schon wahr, dass in manchen Fällen „offene Rechnungen“, Geld, Nötigung oder Schlimmeres mitspielen. Aber wie viel solcher Karrieren kennst du, die allen Revierkämpfen Stand gehalten haben? Die auf „Beziehungen“ aufgebauten Berufserfolge können nur auf echter Währung, auf sittlicher Grundlage dauerhaft fußen. Das „Vitamin“ sollte ehrenhaft „angefuttert“ sein. Es muss lebendig wie die Vita (lateinisch „Leben“) selbst wirken können. Wir hatten gesehen, dass aus dem ehernen Zeitalter transformiertes Verzeihen im eisernen Zeitalter Weisheit, Taktgefühl und Diplomatie werden können. Dankbarkeit und Verzeihung üben können sind eng miteinander verknüpft. Verzeihen kann ein Kind nur einem Freund, dem es sich echt verbunden fühlt.

    13. Eine durch „Beziehungen“ vermittelte Verbindung partizipiert an den „Zärtlichkeiten“, die du mit dem „alten Freund“ einst ausgetauscht hast. Dein Kind muss sich darüber im Klaren sein: Die Vertraulichkeit, die zwischen den „alten Freunden“ herrscht, geht auf es über. Es sollte sich die Tatsache verzeihen, durch deine „Patenschaft“ einen Posten erhalten zu haben. Das kann es nur, wenn der „Pate“ weise genug ist, seine „Patenschaft“ den neuen „Sohn“ nur in diskreter Art spüren zu lassen. Der Umgang zwischen beiden beruht also auf Diplomatie. Da dein Sprössling seine „Vitamine“ schon als Kind von dir bekommen hat, weiß er seinen Posten zu behaupten, den er auf diplomatischem Weg gewonnen hat. Er besäße den Grad von Weisheit, die vorgeschaltete Macht der Vermittlung anzuerkennen. Als Kind lernt man Dankbarkeit und Ehrfurcht empfinden und respektiert dereinst auch dich und deinen Freund, diesen Chefarzt oder „Paten“. Und dennoch muss vom Empfänger des Postens, also deinem erwachsenen Kind selbst, mit den eigenen Fähigkeiten bewiesen werden, dass es die Vermittlung verdient hat. Auch hierzu ein Goethewort:

    Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.

    © eah 2012 und 28. Februar 2024


    6 Kommentare

    1. Avatar von Thom Ram Thom Ram sagt:

      Danke, Eki, danke! Immer ist es anregend, Deine „Kinderbegleitungsgeschichten“ zu inhalieren!

      Kann nicht läiken. Knurr.

      Ich erinnere mich eines Falles aus meinem Leben. Mein Pate, der empfahl mich beim Schuleintritt am Seminar Wettingen dem besten Klavierlehrer dort. Der unterrichtete mich dann 4 Jahre lang. Ich wurde von Kameraden wohl ein klein bisschen benieden darum, doch damit konnte ich leicht umgehen, ich war und bin dankbar – meinem Paten und meinem Lehrer.

      Vitamin B, ja.

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    2. Avatar von Bettina März Bettina März sagt:

      Es ist so eine Freude „Abenteuer der Erziehung“ zu lesen.

      Danke Ecki

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    3. Avatar von eckehardnyk eckehardnyk sagt:

      Da auch mir das Läiken hier verstellt wurde und auf Smartefon x Hürden durchlaufen muss, sei mein Dank euch Lesenden und insbesondere Komment gebenden herzwirklich erteilt. Scheu besteht allemal, in dieser Irrsinnsepoche das gesammelte Wissen über Kindsbegleitung vorzutragen – und das zum wiederholen Mal. Doch in der Sache halte ich mich, wenn selbst auch nicht evangelisch, an den Dr. Martinus Luther, der angesichts des Weltuntergangs noch seinen Apfelbaum zu pflanzen gedachte, wofür ihm aus der Schreibe Gottfried Benns postum der Titel „wirklich großer Mann“ noch etwa 400 Jahre später zuteil wurde. Uns bleibt nichts anderes übrig, als wirklich große Männer zu sein, wozu heute ausdrücklich auch Frauen zu rechnen sind. In dieser Hinsicht, was Beruf, Größe und Berufung betrifft, bin ich für die Zweigeschlechtlichkeit des einzelnen Menschen.

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    4. Avatar von Kunterbunt Kunterbunt sagt:

      Zu den Punkten Berufung, Geschicklichkeit, Förderung von aussen, Vit. B, Individualität:

      Jan Miłosz Lisiecki (* 23. März 1995 in Calgary, Kanada), mit polnischen Eltern ohne musikalischen Hintergrund, studierte seit seinem fünften Lebensjahr Klavier am Mount Royal University Conservatory und trat als Neunjähriger erstmals mit Orchester auf. Auf Empfehlung des Schulvorstandes konnte er vier! Klassen überspringen. Ihn fasziniert/e zudem die Aviatik und wenn etwas schief laufen sollte als Pianist, würde er Pilot werden wollen, meinte er als Knabe.
      „Ich mag es nicht, als Wunderkind oder Genie bezeichnet zu werden, denn ich fühle, es beschreibt mich nicht wirklich. Ich möchte einfach stets ausdrücken, wie schön die Musik ist und wie schön der Komponist die Musik geschrieben hat und nicht, wie schön oder schnell ich spielen kann.“ sagte Jan als Junge, unprätentiös, bis heute – ein wunderbar differenziertes, tiefgründiges Wesen im Denken, Fühlen und Wiedergeben des Erlernten, Erkannten und Erfühlten (der Hauch einer androgynen Seele?).
      Jan Lisiecki vertritt die Meinung, genau zu wissen, wie ein Musikstück vom Komponisten auf alle Zeiten gemeint gewesen sei, sei nicht abschliessend möglich. Die Weise wie z.B. Rachmaninow seine eigenen Kompositionen spielte, gibt ihm recht, da dieser sie nicht stets 1:1 so wiedergab wie von ihm selbst auf dem Notenblatt vorgegeben.

      Jan Lisiecki – Beethoven: Piano Concerto No. 3: I. Allegro con brio
      .https://www.youtube.com/watch?v=MX5XENd0SeM – 17:05

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    5. Avatar von eckehardnyk eckehardnyk sagt:

      Danke Kunterbunt für die Musik, die mir zum ersten Mal einen Klaviersolisten zeigt, der in seinen Pausen dem Orcheter beim Musizieren zusieht. Das wird ihn dazu geführt haben, sich in eigenen Wiedergabe stets am augenblicklichen Momentum seiner „Kobattanten“ zu orientieren.

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    6. Avatar von Kunterbunt Kunterbunt sagt:

      eckehardnyk 22/03/2024 um 22:15 – ♡ nach innen und aussen verbunden zugleich ♡

      Eckehardnyk, jemand hat mir mal gesagt, die Arme und Hände seien die Verlängerung des Herzens. Schöner Gedanke, finde ich.

      Wie oft ich mir das Stück in der vorliegenden dirigentenfreien Formation bereits angehört habe, habe ich nicht mitgezählt.
      Jedenfalls fühle ich Jans Art zu spielen derart stark in meinem Herzen, dass ich dieses Allegro con brio gerne jedem verhärteten Menschen ans Herz legen würde 🙂
      Was ich an Jan Lisiecki so sehr schätze: seine kristallklare ‘philosophische Intelligenz‘ seit Kind, gepaart mit einem strömenden Herzen sowie seine ‘selbstverständliche Demut‘ und die daraus resultierende Hingabe.
      .https://www.youtube.com/watch?v=vMMSLYZ0mXQ

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