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ELTERN, KIND UND KINDERSTUBE 45. von 144 – In uns die Sintflut ? (1)

Eckehardnyk

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Sicher dachtest du, jetzt redet er wie ein Pfarrer. Das hängt wohl damit zusammen, daß, wer diesen Beruf ausüben will, sich mit Geist und Seele abgeben muß. Manche Geistliche oder Seelsorger sagen ganz Vernünftiges. Was mich an diesem Amt jedoch stört, ist der „Vorgesetzte“. In Sachen der Seele oder des Geistes kann man kein Untergebener sein, wenn man für die bei sich selbst gefundene Wahrheit gerade zu stehen hat. Wie sollte ein Bischof oder Papst beurteilen, was mein Ergebnis von Wahrheitssuche ist? Ist er nicht selbst in eigener Sache ein Suchender? Er könnte mich bei dieser Suche zwar brüderlich unterstützen, aber Erteilen von Weisungen – unmöglich, es würde allein Herrschaft aber nichts Wahrhaftiges hervorbringen.

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Woher können wir das wissen? Wir sprachen über die Stimme, die wir gebrauchen, um ein Kind zu erreichen. In diesem zauberhaften Organ lebt alles, was wir aufgehoben, gespeichert, in uns gleichsam gekeltert haben, wobei auch das Verdrängte oder Unterdrückte wie in einem Wein zum Bukett beiträgt. Und die sogenannte Innere Stimme? Sie unterwandert die Rede als „Unterton“, obgleich es sich akustisch um Obertöne handelt.

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Du kennst die Innere Stimme vermutlich als Gewissen. Bei manchen Rednern frägt man sich wohl mit Recht, mit was diese Gewissensstimme wohl übertönt wurde. Die Sprechweise des Gewissens erfolgt in der Regel ohne Worte. Aus innerem Gedankengedränge löst sich ein Gebilde heraus und wird als faßbarer Begriff als Gewißheit bewußt. Diese Gewißheit hat ihren Sitz im Selbst eines Menschen. Und dieses Selbst bedient sich (wie beim Autofahren) eines zur unbewußten Geläufigkeit gewordenen Wissens. Je fundierter und auf eigener Wahrheitsfindung beruhend dieses Wissen auftritt, desto umfassender bildet es Gewissen. Und die daraus abstammenden Gewißheiten haben den Charakter von bemerkenswerten Neuheiten. Die Kraft, mit der jemand solche Neuigkeit festhält, verwandelt sich in dem Moment in Glauben, wo ein Ziel vorausgesetzt erscheint, wie einst bei Columbus der Seeweg nach Indien durch stetiges Befahren des Ozeans in Richtung Westen. Ist Wissen dagegen ungeprüft übernommen, so produziert es auch nur ein Abziehbild von Gewissen, eine geistige Schablone, deren Gewißheitsresultate Aberglaube oder Mystizismus genannt werden.

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Was machen wir hier, wenn wir solche Probleme wälzen? Wir schauen in uns. Und wir merken, es wird kompliziert. Ein Computer hat es da leichter, weil er nur einen Vorgang im Arbeitsspeicher hat, den er in staunenswerter Geschwindigkeit rechnend durcheilt. Wir können aus den Computerprogrammen viel lernen, sind sie doch unserem Inneren abgeguckt. Nur, ein Gewissen und damit verbunden ein Innenleben hat der Computer eben nicht. Sein Inneres ist Außenwelt, auch wenn es sich „in einem Gehäuse“, auf der Festplatte, dem Auge unsichtbar abspielt.

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Was finden wir bei uns selber, wenn wir in uns schauen? Eine Sintflut von Gedanken, Gedankenschleifen, Gefühlen, Impulsen? Etwas Unabsehbares, das uns ängstigt? Wir wissen nämlich nicht genau, was in der Unendlichkeit in uns lauert; ob wir darin abstürzen wie ein von seinem Raumschiff abgeschnittener Kosmonaut? Oder ob die Innerlichkeit zwar grenzenlos, aber Schritt für Schritt in ihrem Bewußtheitsgrad erweiterbar ist? Wir werden uns abschließend (in 137. von 144) damit noch beschäftigen.

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Probieren wir es selbst, tasten wir uns mit jedem neuen Gedanken ein Stückchen weiter vor, so wissen wir bald, weil wir es spüren, daß die innere „Flut“ uns trägt. Und noch etwas ist fühlbar: Die Flut mag uns unendlich vorkommen, aber wir gehen darin nicht unter. Wir finden in uns selbst das Ich, wie eine Insel auf der wir einen Leuchtturm errichtet sehen.

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Wir haben nun das Innere außen sichtbar gemacht und entdecken damit etwas zum ersten Mal: Die Strahlkraft einer Seele, die einen zunächst wie Meeresleuchten bei nächtlichem Schwimmen umgibt und dann sich innerlich verwandelt auf ein Erkenntnisfeld richtet. Mit dem Mut, seiner selbst gewiß zu sein, wächst die Kraft, in sich Wahrheit zu finden und sie als „gebündeltes Licht“ weiterzugeben. Wer das so oder ähnlich mit sich durchmacht, erwirbt sich dabei eine als verlässlich bekannte Stimme, der ein Kind vorbildlich folgen kann.


© eah 1. Dezember 1998 und 7. Mai 2020

(1) Vergleiche 30. von 144 Hoffen Glauben Wissen


1 Kommentar

  1. Mujo sagt:

    Sehr schön geschrieben, stimme dem ganz zu.

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