Eigentlich wollte ich Orgelsachen von einem bestimmten Nachromantiker einstellen, doch dessen Name fällt mir heute ums verrode nicht ein, und da bin ich dann auf der Röhre über die F Dur Toccata gestossen, ja, die weltberühmte, die von Charles Marie Widor, die aus der 5. Orgelsymphonie, welche auch bei Krönungen aufrauschen tut.
Ich habe in dieses Stück in meiner Aktivzeit mit tausend Spass gespielt, oft als Drübereingabe beim Konzert, es ist Musik, welche einfach jedem gefällt. Die Orgel darf voll losballern, der Spieler darf mit schnellen Fingern brillieren und sich daran ergötzen, den gewaltigen Orgelbass Schicksalshaftes in den Raum senden zu lassen.
Ein Berliner Organistenkollege sagte mir dann mal, ich spiele das zu langsam. Ich staunte, denn ich meinte, mein Tempo sei immer am allerobersten Limit des Bereiches, da die Linien vom Hörer gerade noch nachvollzogen werden können, und da die Orgel das Gefingere überhaupt noch mitmachen kann.
Hat man eine grosse Orgel, eine Grosse 16-Fuss-Orgel, dann spielt im Manual die Unteroktave mit, das heisst, 16 füssige Pfeifen sollen die schnellen 16tel mitmachen. Der tiefste offene 16-Fuss, der ist grad ma schlappe fünf Meter lang. Bis eine solche Mordspfeife den Ton aufgebaut hat, braucht es etwas Zeit. Spielt man zu schnell, machen diese Pfeifen nur unbeholfene pflopf plfopf und fupp fupp, die Klangpracht wird beeinträchtigt.
Nun, viele virtuose Organisten nehmen das in Kauf – damit sie mit Kaskaden, welche Virtuosität demonstrieren, imponieren können.
Ich spielte leidenschaftlich gerne schnell, aber ich habe mich nach dem Instrument und nach dem Raum gerichtet. Auf einem kleinen Instrument in akustisch trockenem Raum kann man die Toccata rasend schnell spielen, alles kommt beim Hörer an, ja….aber da ist noch was, da ist die Hauptsache, da ist nämlich die musikalische Mitteilung.
Was die Dame (Dame) Diane Bish macht, das ist nur noch komisch. Der Gewaltsbass (sie spielt eine mordsgrosse Orgel), der zeigt, was Anlauf ist, was Ausholen ist, was es bedeutet, ein schwer Gewicht von unten nach oben zu hieven. Man macht das nicht zack zack, sondern man hoooolt den untern Ton und ziiiieht ihn nach oben. Die liebe Kollegin Bish, die hüpfelt mit ihren Füsschen und spielt das bombastische Pedal so, als ob da Kolibrigesang gemeinet wäre. LoL. Es ist zu komisch.
Frau Diane Bish
https://www.youtube.com/watch?v=oJNC1EuYMkg
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Dann der Alleskönner Olivier Latry, ein Weltspitzenorganist. Tut mir leid. Widor ist keine deutsche Zugschule mit Stechschritt. Durchgefallen. Setzen.
Olivier Latry an der Grande Orgue du Notre Dame de Paris
https://www.youtube.com/watch?v=jtj300j129k
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Und jetzt kommt erst der Grund, warum ich die Toccata einstelle!
🙂
Da gibt es doch tatsächlich eine Aufnahme vom Maestro himself, von Charles Marie Widor! Das hatte ich nicht gewusst! Ich war gespannt wie ein Regenschirm, wie der das spielen wird.
Bitte selber hören und staunen. Haaa. Da ist es, das breite, behäbige Dampfschiff.
Da ist er, der Bass, dem Existenzberechtigung gezollt wird. Da sind sie, die grossen mächtigen Bögen der Haupttöne in den Soprangirlanden. Schudder schudder, so breitet sich Sinn und Inhalt der Komposition aus, toll.
Was mich der Meister heute grad getröstet hat. Ich war schnell, aber nicht zu schnell, hihi.
Charles Marie Widor lui-même
https://www.youtube.com/watch?v=J8vz1D_L_OE
Ein festliches Wochenende dir!
thom ram, 30.Mai (Der Tag des Weltunterganges), 2015
Oh..war das eine wunderbare Offenbarungsstunde.
Thomas, soooo herrlich hast Du das eingeführt und uns in die tollen Vergleichsstudien eingeladen.
Und dieser große Charles Marie Jean Albert Widor hat das also kurz vor seinem Tode gespielt….. immerhin mit 93 Jahren!! (*1844, gespielt 1936!)
und mit 11 Jahren war er schon Kirchenorganist!
Danke für die VHS-Stunde.
Viel Neues gehört und gelernt.
der Tag hat sich schonnn gelohnt 😉 🙂
Ja, wir feiern heute und werden Befreiungs-Licht produzieren 😉 😉 🙂
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@ Petra
Ja, gestern hatte ich wieder mal den Hals rammelvoll von den Weltmeldungen, war überglücklich, dass Lücki in seiner Tagesmeldung einen Schübel davon verlinkt hatte und widmete mich einfach dem Lustig Schönen.
Habe auch oben im Menu es bitzeli verbessert, habe „Muse“ ergänzet.
Wenn ein Blog mal schon so dick ist wie bb, dann könnte man eine Nase täglich ein paar Stunden schon nur damit beschäftigen, alles darstellerisch im Schuss zu halten oder und zu verbessern. Als Alleingestalter* vermottet so dies und jenes und das und dies an Unelegantem schleicht sich unbemerkt ein.
*Lücki und ich haben die stille Uebereinkunft, dass ich die Uebersichten alleine mache. Gemeinsam wäre besser, aber über die Distanz zu umständlich.
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Ja die Orgel.
Ich kann mit Lust weiter erzählen, was ich oben beschrubete, das war nur ein einziger Knochen von der ganzen Orgel- Klang- Geschichte. Wenn ein Orgelbauer oder ein versierter Organist es liest, wird er lächeln, hoffentlich nachsichtig.
Genaueres Beschreiben macht mir zwar Spass, aber es nützt dem Leser wenig, denn es braucht immer die Realität dazu, man muss auf die Orgelempore, erklären und das Erklärte dem Ohr zuführen. Zudem ist da auch das Auge. Wer eine Mixtur mal gesehen hat, der vergisst das nicht. Mixtur? Rüebli und Kohl? Orange und Grape? Hahaha. Da fängt es schon an. Wie mache ich per Schrift klar, wie eine Mixtur klingt. Geht eben nicht.
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Spasseshalber schmeisse ich einen noch ein: So ein Werk wie diese Toccata spielt man auf dem Grand plein jeu. Gross voll Spiel. Hahaha. Wasn dette wieder. Und den Mittelteil auf dem Petit plein jeu. Klein voll Spiel. Noch besser, wa?
Wer als Anfänger an einer grossen Orgel hockt, da 60 Register vor der Nase hat, weiss nicht, was er ziehen soll, zieht Kraut und Rüben und entsprechend tönt es dann auch.
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Mich betrübt, dass in meiner Heimat das Orgelspiel flöten geht. Früher war da das Lehrerseminar. Da war ich auch. Da war Musik eines der wichtigen Fächer. Vor 70 Jahren, da war es klar, dass viele Lehrer den Dorfchor leiteten, oder dass sie in der Kirche die Orgel traktiereten, oder dass sie Klavieranfängerunterricht gabeten. Dass sie mit ihren Kindern viele Lieder sangen, das so wie so.
Man hat die Lehrerausbildung in den letzten 50 jahren erheblich verbessert. Bis 20 Hat ein künftiger Lehrer nur eines zu machen: Die Matura (Abi). Bis 20 ist er ohne jede einführende Praxis. Geil, wa. Idiotisch steriler gehts nimmer. Wir damals haben mit 15 oder 16 Jahren damit begonnen: Eine Lektion: Einer Dritten Klasse ein Märchen erzählen. Mach das ma! Tonnenweise gibt es aus einer einzigen Märchenstunde zu lernen. Aber nein, heute ist es besser: Danach kommt die Fachausbildung, Dauer 3 Jahre. Bis Dato habe ich von keinem einzigen Absolventen gehört, dass diese Fachausbildung gut sei. Hirnlastig, dass es kracht, so sei sie.
Esxtrembeispiel ist der Kindergärtner. Eine gottbegnadete Frau, welche hervorragenden Kindergarten führen könnte, sie wird nie und nimmer Kindergärtnerin, wenn sie in Mathe eine Nuss ist. Denn dann schafft sie die Matura nicht, welche hohe (für mich hohe) Mathe fordert.
Das ist sinnvoll, denn schliesslich ist es entscheidend für ihre Art der Führung der Kinder, ob sie Sinus Kosinus Berechechnungen intus hat oder nicht.
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Ja. Und im Gleichschritt mit der Verödung der Lehrerausbildung geht einher der Organistenmangel.
Dabei kann Orgel auch so saulustig sein. Der Radetzkymarsch auf der Orgel…es gibt Keinen, dem das nicht in die Haarwurzeln fährt! Oder Haydn, Stücke für eine Flötenuhr, Jedem geht das rein wie Zuckerwasser. Uebergang zu Gehaltvollerem ist die berühmte d moll Toccata von Bruder Bach. Wem die gefällt, wird vielleicht von der dorischen Toccata (die ist gar nicht dorisch, sie ist eigentlich d moll) gefessselt werden.
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Das grösste Kompliment, welches mir im Leben zuteil wurde, war, wenn Leute mir sagten, sie kömmen eigentlüch nur zur Kürsche, weil sie mein Orgelspiel hören wöllen, hihi.
Nein. Das grösste Kompelimente war, als mir der Turnlehrer am Sporttag auf die Schulter klopfte, als ich 5Meter 20 weit jumpte. LoL
So. Fertig geplauderet, sonstens lande ich noch bei meiner Schuhnummer, und die geht nun wirklich niemanden wadd ann.
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