Eckehardnyk, Donnerstag 1. Mai NZ 13

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Vor einem Inquisitionsgericht des Jahres 1633 soll Galileo Galilei diesen Ausspruch getan haben, nachdem er öffentlich seine Auffassung widerrufen hatte, wonach Erde sich um Sonne herum bewege. Ohne diesen Widerruf wäre es ihm gegangen wie 33 Jahre zuvor Giordano Bruno, der in Rom als Ketzer verbrannt worden war. Es soll uns hier auch um Wahrheit gehen.

Was ist Wahrheit?

wollte anscheinend schon der Römische Statthalter Pilatus vom Menschensohn, wissen, ohne zu erkennen, dass Wahrheit vor ihm stand, und er sie nur hätte annehmen müssen, um mit ihr gleichsam wie mit einem Bruder zum Vater heimzukehren. Doch er ließ den, der bekannt hatte:

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben (Johannes 14,6)

lieber an seinen Worten festnageln.

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Auch Galilei nagelte gleichsam die Wahrheit ans Kreuz, als er, um sein Leben zu retten, seine Erkenntnis von der Erdumlaufbahn widerrief. Er mochte das riskieren, da er wissen konnte, dass die von ihm entdeckte Wirklichkeit Bestand haben würde, gleichgültig, was er geredet hatte und was die Kirchenleute davon hielten. Eine Sonnenfinsternis tritt ein, wie sie vorausberechnet wird, Glaube hin oder her.

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Doch was ist mit uns selbst? Sind wir denn wahr? Oder verstellt? Forscher gehen davon aus, dass Mensch mehr als hundertmal am Tag Lügen gebrauche. Von Mark Twain soll der Ausspruch stammen, es wäre unerträglich, mit einem Menschen, der nur Wahrheit rede, zusammenzuleben; aber zum Glück müsse das ja auch niemand.

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Wenn dein Kind also lügt, dann tut es das „in bester Gesellschaft“, denn jeder Mensch, was glauben Sie? – macht es ihm täglich vor. Und was noch schwerer wiegt:

Kaum einer bemerkt es;

ein Kind bleibt jedoch

in der Wahrheit,

solange es das

vermag

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Es vermag! – Vermögen gründet sich auf Lernen. Mit dem Lernen beginnt das Vergessen. Manches wird, statt vergessen zu werden verdrängt, und mit Verdrängen kommen Lügen ans Licht… Aber Moment mal, erscheint mit der Lüge nicht auch die Freiheit? Schöne neue Welt, aber der Reihe nach!

Mit dem Lernen, sagen wir es noch einmal vorsichtiger, beginnt die Möglichkeit, die Welt einzuteilen in Richtig und Falsch, Gut und Böse. Und so weiter. Aber Achtung:

Falsch und Recht sind immer „gesetzt“, sind also

relative Größen. Ein Machtmensch wie

Lenin konnte

durchsetzen: „Die Partei hat immer Recht“

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Zwischen Behaupten von Recht und Erkennen von Wahrheit liegt jedoch ein Abgrund. Darüber werden immer wieder Brücken gespannt. Wenn sie halten, nennt man sie „Wissenschaft und Technik“, wenn sie einstürzen besten Falls „menschliches Versagen“, schlimmeren Falls Sabotage, Terror und Krieg.

Und was hat das mit dem Hungrigen zu tun, dem man erklären sollte, wie er denn essen möge? Sieh doch selbst:

(D)ein Kind stammt aus der Wahrheit.

Wozu ihm diese „beibringen“?

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Kind kennt oder empfindet sie, ohne Begriffe dafür zu haben. Was es dann also braucht, sind die Verbindungswege, Versorgungslinien im Dialog, im Austausch mit der Welt. In ihr gelten Rechte, welche auf Macht basieren.

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Damit steht dein Kind vor einer riesigen Aufgabe. Es stammt aus einem unbegrenzten Leben und soll jetzt als Erdenbürger ins Dasein der Anderen in „geregelter“, vergänglich beschränkter Form eintreten. Solche Formen mit ihren „Bestimmungen“ und „Vorschriften“, (von denen der moderne Staat auch noch behauptet, dass es „Gesetze“ seien) sind auf Erfahrungen und Gewohnheiten aufgebaut und sollen zum Überleben in der Gesellschaft beitragen.

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Sich kleiden,

sich putzen,

sich ernähren,

sich verständigen,

sich treffen,

sich Arbeiten einteilen,

sich an der Produktion beteiligen,

sich mit Geld ausstatten,

sich erholen,

Urlaub und

Sex haben:

Alles geschieht in Seil- und Machenschaften

auf der durch anerkannte Rechte

aufgeteilten, in Claims

eingeteilten Welt

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In dieser, nicht gerade als Schrebergartenanlage bekannten Welt kann das Recht sogar abhanden kommen, die Wahrheit zu sagen, wie das George Orwell in seinem Romantestament 1984 vorgeführt hat und wie es „Parteien“, „Cliquen“ und „Kirchen“ in Treibjagden auf anders Denkende immer wieder versuchen zu machen.

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Freiheit, die Fähigkeit, Wahrheit zu erkennen zu wollen und mit dieser Erkenntnis zu leben, besteht trotzdem, das heißt, unabhängig von der Form, in der wir exerzieren, ewig sozusagen. Wahr und ewig sind folglich identisch. Was wahr ist, ist ewig, und was ewig ist, ist wahr. Noch Fragen?

Ja! Wo bleibt nun die Freiheit, wenn sie „mal weg“ ist? – Antworten liefern uns zunächst einmal Sätze aus Mathematik und Logik, die wahr sind und anscheinend ewig und überall gelten. Nur, wie steht es mit dem Beweis der Wahrheit? Sie begründet sich aus den Denkakten selbst, aber nur wenn diese frei von Dogmen et cetera für das Konstatieren (Auffinden) von Wirklichkeit sind. Wer – außerhalb von Mathematik und Logik – frei sein will, muss er sich den Bereich bekannt gemacht haben, in welchem er es kann.

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Es ist wie mit der Existenz. Du weißt, dass du bist. Ich weiß, dass ich bin. Wenn wir wissen können und erkannt haben, dass du und ich wahr(haftig) sind, warum sollte dann jemand bezweifeln, dass wir ewig sind? Und darüber hinaus:

Was nutzt uns diese wahre Ewigkeit oder

ewige Wahrheit, ohne frei zu sein, dies

alles zu durchschauen und

aus dem Nichts Neues

zu gestalten?

Es liegt viel an den Bedingungen, unter welchen etwas oder jemand „wahr“ ist. Wir werden das im Lauf dieses Textes noch weiter betrachten, zunächst aber, was „gut“ ist.

Einem Durstigen erklären, dass er trinken müsse (3)?, Szene 51 von 144 , Abenteuer Erziehung 2. Auflage, Bündnis mit Kindern © eah 2012 und 1. Mai 2025: