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Vom Feinsten – Einem Hungrigen erklären dass er essen muss 1.7.2 – (Szene 50 von 144 neu)

​Eckehardnyk, Montag, 7. April NZ 13

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Im antiken Korinth gab es zur Zeit Alexanders des Großen eine Menge reicher Leute, vor allem Neureiche. Sie hatten viel, doch eines fehlte:

Zufriedenheit

Ganz anders Diogenes, der Philosoph. Von ihm haben wir gehört, dass seine Behausung, als er noch ein freier Mann war, eine Tonne gewesen sei, doch inzwischen ist er als Sklave von einem reichen Familienvater zum Erzieher von dessen Knaben „aufgestiegen“ und nicht nur wegen seiner Genügsamkeit berühmt. Vom König der Makedonier, der zu einer Art Gipfeltreffen vor dem Persienfeldzug in der damals wichtigsten Stadt Altgriechenlands Korinth zugegen war, wünschte er sich indessen nur Eines:

Er möge so freundlich sein, ihm aus der Sonne zu gehen!

Dieser Bitte habe Alexander stattgegeben und der künftige Großkönig soll gesagt haben:

Wenn ich nicht Alexander wäre, so wollte ich Diogenes sein !“

Mit diesem Beispiel möchte ich auch daran erinnern, dass Kinder aus den einfachsten Dingen mehr Freude und Spielgelegenheit gewinnen als aus den raffiniertesten Fertiggeräten.

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Diogenes hatte einen Kreis von Verehrern und Schülern, die sich ganz ähnlich verhielten und sich gleich ihrem Idol, wie Hunde auf der Straße aufhielten, weshalb man sie auch die Kyniker nannte (von Griechisch kynikos „wie ein Hund“, woher der Deutsche Ausdruck zynisch her stammt). Sie sorgten auch für die Überlieferung von Taten und Sprüchen ihres Meisters, denn von ihm selbst wurde, wie von Sokrates und Jesus nur erzählt.

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Einmal soll dieser in einfaches Tuch Gekleidete als Gast die Tafel eines zu Wohlstand gekommenen Mannes beehrt haben. Er kommt in dessen Luxusvilla. Der Hausherr zeigt vor dem Bankett seinen in vornehmster Gewandung erschienenen Gästen sein duftreiches Haus mit Mosaiken, Skulpturen, Balustraden an Treppen und Galerien, Kassettendecken der Säle, goldenem Besteck, silbernen Schalen und Spiegel, elfenbeinernen Sesseln, gediegene Pracht, wohin das Auge nur blickt. Der „Kyniker“ spürt nach dem Rundgang eine heftige Verengung in der Kehle und spuckt dem Hausherrn ins Gesicht. Der empörte Gastgeber verdrossen:

„Dankst du mir so, dass ich gut zu dir war und dich an meiner Pracht teilnehmen ließ?“

Diogenes soll „zynisch“ geantwortet haben: „Du Ärmster, ich sah in deinem Haus Alles vom Feinsten, wo sollte ich da noch hin spucken dürfen?“

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Warum diese Anekdote? Wir hatten ja in einer Anziehszene, die „schön gelaufen“ war. gesehen: Irgendwie könnte eine Art von Verwunderung darüber aufkommen, dass ein Kind das empfindet, was es soll. Umgekehrt ist es jedoch mehr als Verwunderung:

Das Kind bewundert dich, wenn und wie du genau das tust, was du zu tun angesagt hast

Es ist alltäglich Zeuge und gut bekannt mit den von dir vollbrachten Handlungen, beim Geschirr aufräumen, beim Betten machen, Bügeln, Kleider versorgen, Zettel schreiben, Klavierspielen, Singen, die Post holen, Kräuter schneiden, Kochen und Tisch decken, um nur bei einigen Verrichtungen zu bleiben, welche gediegene Aufmerksamkeit verlangen (Diogenes hätte mit seinen Zöglingen Sport getrieben und sie mit auf die Jagd genommen.)

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Was vor den Kindern geschieht, sieht selbstverständlich und leicht aus. Das Kind sagt sich dann:

Ich will das auch (so können)!

Und es ergeben sich Wege, die das künftige Leben deines Kindes bestimmen. Auf manchen Wegweisern „stehen“ aber auch Sätze wie:

Du bist noch zu klein! Das kannst du nicht!

Auf anderen dagegen:

Probier mal! Da hast du auch einen Löffel! (oder Ähnliches)

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Mit der Bewunderung für dein Tun kann das Kind „folgen“, aber es muss dieses Tun nachahmen und den eigenen Bedingungen anpassen. Dadurch wird zwar dein Tempo gedrosselt, aber das deines Kindes allmählich gesteigert, indem es immer geschickter ein „Filialbetrieb“ von deinen Handhabungen und Taten wird. Das gehört auch in die bewusste Form von Beziehung, die ein Kind respektiert.

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Wenn du dann weiterkommen willst, wirst du die Zutaten so auswählen, dass im Kleinen etwas erwacht, was statt zur überheblichen Einbildung, Alles zu können, zu liebevoll brauchbarer Achtsamkeit führt. Es lernt auch zum Beispiel, deine Sphäre zu achten. Es gönnt dir dein eigenes Reich, weil es fühlen kann, selbst in so etwas Eigenes noch hineinwachsen zu können, um darin zu „herrschen“. Aber wie bewahrst du deine Sachen vor dem „Zyniker“, der aus Frust oder Rache dir „ins Gesicht spuckt“?

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Lass es dir von den Troubadouren des Mittelalters erzählen. Warum besangen diese die Damen „bei Hofe“? Was immer diese Haudegen in der Welt auch entbehren mussten – ein Tüchlein der Angebeteten an Schild oder Brustwehr erinnerte einen Ritter beim Kampf draußen daran, wofür es sich lohnte, notfalls zu sterben:

Die Veredelung der Seele durch Minne (edle Liebe)

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Sie wurde in der Verehrung in Gestalt dieser Frauen gesucht. Denn diese Damen durften von den Herren, wenn sie denn edel waren oder sein wollten, nur „verehrend geliebt werden“. Darin bestand Minne, was den Damen Ansehen und Sicherheit garantierte. Diesen Respekt vor dem Reich des Andern lernt dein Kind nur als Kind und wenn auch sein Reich durch dich sicher geachtet und behütet wird.

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Kennst du das Gefühl, das dich befällt, wenn du ein piekfeines Geschäft betreten sollst? Am liebsten Alles dort lassen! Manche scheuen sich sogar, da über die Schwelle zu treten, ohne auch nur an die Preise zu denken. Was edel ist, auch in der Natur, meidet Verbindungen, denken wir an Edelgase, Edelmetalle und Edelsteine!

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Im heranwachsenden Menschen finden wir durchaus „Schwellenangst“ vor dem Betreten deiner Umgebung. Es fällt ihm schwer, dich in jede Kleinigkeit zu verwickeln. Er, oder sie, verschont dich mit „Kleinkram“. In dieser Zurückhaltung steckt durchaus Ehrfurcht, die nur da in Liebe gelernt wird.

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Andrerseits wünscht sich der Jugendliche sehr, die Eltern möchten doch von alleine, also durch selbst gebildete Begriffe, verstehen, was (in ihnen) vor sich geht. Wenn du das für die „Kids“ tun willst, dann werden diese auch die Scheu (oder Abscheu) vor deiner „piekfeinen“ (oder als „abgehoben“ oder „antiquiert“ bezeichneten) Welt verlieren, deine Kommunikation interessant finden und deine Begrifflichkeit und deine Redensarten lernen und pflegen.

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Früher hätte man wohl anstelle von „Begrifflichkeit“ und so weiter Bildung gesagt. Doch in den Fünfzigern des 20. Jahrhunderts wurde „wissenschaftlich“ vergessen, was Bildung sei. Heute sucht man für zweifelhafte „Eckpunkte“ einer „Leitkultur“ von Neuem danach. Die Jugend hat das auch längst „geschnallt“ und bildet sich lieber dort weiter, wo es ihr Spaß macht. Es beeindruckt sie eben, wie jemand, egal welcher Herkunft, durch Spezialisation und Training Fähigkeiten entwickelt und zu „Ruhm und Ehre“ gelangt.1

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Das ist für jeden Menschen einmalig, und diese Einmaligkeit unterstellen Kinder ihren Eltern. Manche sind als Jugendliche dann enttäuscht, wenn es „die Alten“ an geschaffenen Werten vermissen lassen. Dann suchen die Jungen für sich selbst nach Originalität, wobei sie sich durchaus, wenn die Eltern das „ungeschminkt“ zulassen, ihre bereits „vorhandenen“ Moralbegriffe erweitern und gegebenenfalls – auf Grund von neu überdachten Konsequenzen – korrigieren lassen (siehe auch zu Bündnissen später die Szenen 110 f) und dadurch sicher über sich und ihre Zeit hinaus wachsen.


1 Oder welche Folgerungen jemand aus seinen himmelstürmenden Erfahrungen zieht und wie er die Welt danach sieht

(c) eah 2012 Abenteuer Erziehung als 2. Auflage „Bündnis mit Kindern“ 7. April 2025


1 Kommentar

  1. Avatar von bettinamaerz23 bettinamaerz23 sagt:

    Entschuldige lieber Ecki,

    wissen wir wirklich, wie Alexander oder Diogenes wirklich gelebt haben oder lebten?

    Sorry, mittlerweile glaub ich gar nix mehr. Der arme und doch so glückliche zufriedene Diogenes, in der Tonne, oder war es nur zeitweise, für die Pablig riläschenns ? und der andere König und immens reiche Drecksack, der im aller Feinsten lebte und unzufrieden war.

    Weder das eine noch das andere, glaube ich.

    Das ist, wie: lieber reich und gesund, als arm und krank, nein andersrum lieber krank und reich als arm und gesund, nö, stimmt a net. Sattiere ????!!!!

    Nee. Ist mir alles zu billig.

    Erst die Definition: Was ist reich? Kann auch reich an Nieren- und Urinsteinen sein. Sattiere???!!!!

    Wenn ich reich bin 500 Millionen, oder 5 Milliarden, kann ich zufrieden oder auch unzufrieden sein. Das gilt auch für arm. Das sind einfach die Perspektiven und meine Einstellung.

    Aber wenn ich reich, unzufrieden und krank bin, kann ich mir die besten Ärzte leisten, die mich gesund machen könnten.

    Wenn ich arm bin nicht. Da kommen keine Ärzte. Ich kann mir keinen leisten. Also muß ich dahin siechen oder erbärmlich sterben. Und auch alles fressen, gibt es Lebensmittel, wo keine Insekten mehr drin sind? Die Reichen fressen so einen Dreck nicht.

    Wenn ich reich bin, oder in der Politik, kann ich andere in den Krieg schicken. Meine reichen Kinder kriegt ihr nicht. Die Armen-Kinder können dann im Krieg verrecken und sterben.

    Die Quintessenz für mich: Lerne für Dich selbst bestimmt zu sein. Und lerne die Natur, die Heilkräuter, alles, was Dir die Natur bietet, passe Dich der Natur an, gehöre niemanden, keiner soll über Dich und Deinem Sein stehen. Du gehörst Dir allein. Kein Reicher, keine Drecks-Marionette kann über Dich befehlen.

    Und noch einmal nachdrücklich: Keiner steht über Dir und deinem Sein, bzw. über Deinem Leben. Du bist.

    Das würde ich heute einem Jugendlichen erzählen.

    Die Chance habe ich jetzt für meine Enkelkinder.

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