Donnerstag 29, August NZ 12
Das Reich im Sternenmantel
der Else Lasker-Schüler
Eckehardnyk
I
Der Herbst ist bei mir angekommen,
Es lächelt seine Frau mich an.
Die Stirn ist mir vom Wein benommen,
Geliebte Tiere greifen an.
Wenn sich im Laub ein toter Vogel findet
Erscheint in mir ein Meeresblau.
Die Welt im Krieg, mein Herz erblindet,
Ich schwimme und mit mir die Frau.
Was immer sie zu sagen hat
Dem, der sie begleitet , Herbst
Erscheint im Wolkenlicht bekleidet,
Gelinder spielen seine Kinder
Den flinken Ball, den du bald ‚werfst‘.
Verloren stehn auf ihrem Posten
Die Makler und die kleinen Pfaffen.
Ein Sturm – die Zeitungen verrosten –
Am steilen Wiesenhang der Sorgenkosten,
Im Abschied weinen selbst die Affen,
Den nackten Fuß benetzt dir Morgent(h)au.
II
Du liegst im Bett und lässt die Rosen reifen,
Verkündest selten schönes Glück
Im nahen Winter wird dein Herz begreifen:
Die Erde löst sich – vom Skelett.
Wo Altertümer farbig rauschen
Hältst du dein Ohr mit müdem Blick
In das Gewitter, denn du kehrst zurück
Zum Abgrund der geliebten Tiere
Verneigen sich verlor’ne Kronen
Schon drängt das Chaos in dein Missgeschick.
Holunder glühte, seine Beeren
Erklären den Verlust dir neu.
Geschwungen in der Lust der Berge
Erwächst im Wiesenland das Heu.
Zusammenbruch der sieben Zwerge,
Geschenktes Land erblüht im Osten neu.
© EAH Freitag, Obertsrot, 24. August 2024