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13 von 144 – Was heißt Warum? –

BÜNDNIS MIT KINDERN – In Vorbereitung als Zweite Auflage von „Abenteuer Erziehung“

Eckehardnyk, Samstag, 21. Oktober NZ 11

1. Mit dem Wort warum hebt ein Kind die Welt aus den Angeln. Du hättest schon aus diesem Grund verzichten sollen, Nachkommen auf die Welt zu bringen, weil du auf die Warum-Fragen eine Antwort schuldig bleiben oder am Ende total erschöpft sein wirst. Aber gehen wir es gelassen an. Etwas Entscheidendes haben die meisten Eltern übersehen. Du auch?

2. In der Überschrift nach warum fehlt genau genommen ein zweites Fragezeichen. Das mag spitzfindig klingen, erspart dir jedoch ein gewaltiges Pensum an zu Frühreife führender Erklärungsarbeit. Wenn Kinder Warum? als Fragewort richtig betrieben, dann wären sie heute noch Kinder. Doch du wirst gleich merken, dass Warum bei Warum-fragenden Kindern kein echtes Fragewort ist.

3. Kinder, sobald sie Sätze bauen können, fragen auch grammatisch korrekt und bringen folglich mit jeder Frage und der dazu passenden Antwort ihr Wissen auf ein höheres Niveau. Sie erfragen alles, was sie über die Einrichtung der Welt wissen wollen. Wenn du als Mutter oder Vater dich jedoch dazu hergeben willst, der Frage warum? eine Begründung im Sinne von Ursache und Wirkung folgen zu lassen, wirst du bis zur Verzweiflung getrieben, denn irgendwann fällt dir kein Grund mehr für die nächste Warum-Frage ein. Das Kind wird ebenfalls frustriert, weil es in Wirklichkeit gar keine Frage gestellt hat, die eine „kausale“ Beantwortung zulässt. Die könnte es, folgt man Rudolf Steiner in seiner Allgemeinen Menschenkunde, frühestens mit zwölf Jahren verstehen, und da hat es die frühkindliche Art der Welteroberung durch das Warum längst vergessen beziehungsweise umgestellt in eine Wie-funktioniert-das-Erforschung.

ä4. Denken wir also gemeinsam nach: Warum sagt ein Kleinkind warum, wenn es auf etwas Anderes als eine Begründung hinaus will? Vor dem Warum gab es etwas Anderes. Zunächst ist dem Kind etwas aufgefallen und es möchte von dir bestätigt wissen, dass du das auch siehst, was es sieht. Es ruft demgemäß:

„Mama, guck mal!“ und fragt anschließend:

„Was ist das?“ Dann sagst du zum Beispiel:

„Das ist eine Fliege.“

Und schon ist der Dialog über die Welt beendet. Daher findet Kind früher oder später heraus, dass bei der Fragestellung mit Warum der Dialog wesentlich weiter führt. Also frägt es nach Entdeckung des sprachlichen Hebels an Stelle von: Was ist eine Fliege?

„Warum ist das eine Fliege?“, und schon lässt sich das Gespräch fortsetzen. Mama oder Papa antworten:

„Weil sie herumfliegt.“ Kind:

„Warum fliegt eine Fliege herum?“ Eltern:

„Weil Sie Flügel hat.“ Kind:

„Warum hat sie Flügel?“ Jetzt müsstet ihr etwas erklären, was mit der Entstehung der Arten zu tun hat. Ihr könntet das christlich (c) oder darwinistisch (d) machen. Eltern (c):

„Weil Gott sie so geschaffen hat.“ beziehungsweise Eltern (d): „Weil das ihre Evolution ist.“ Kind (c):

„Warum hat Gott sie so geschaffen?“ beziehungsweise Kind (d): „Warum ist das ihre Woluzion?

4. Spätestens an diesem Punkt ist jede weitere Begründung Spekulation, die ihr hier abbrechen müsstet, mit den genannten Folgen. Deshalb ist mein Vorschlag:

Nie ein Warum eines Vierjährigen mit einem Weil-Satz beantworten.

5. Fasse das Warum deines Kindes als liebenswürdig intelligente Art von Herausforderung auf, mit deiner Antwort sowohl präzise als auch – weise zu sein. Du brauchst, wenn du Luft geholt und der Versuchung widerstanden hast mit „Weil …“ zu antworten, nur das zu charakterisieren, was deinem Kind aufgefallen ist oder darüber hinaus auffallen sollte. Setze also still hinter das Warum statt des Fragezeichens ein Ausrufezeichen!

6. Also nochmals, Kind: „Warum ist das eine Fliege!“ Du:

„Eine Fliege fliegt.“ Kind:

„Warum fliegt eine Fliege!“ Du:

„Sie ist sehr klein. Ihr ist wohl dabei.“

Jetzt könnte das Kind schon genug erfahren haben und sagen:

„Mama, ich will auch eine Fliege sein.“ Sofort verwandelt es sich in eine Fliege und stellt befriedigt fest, dass die Welt für die Fliege Neuigkeiten offenbart. Dein Kind als Fliege fühlt sich eine Weile gut und beobachtet einen seiner „Artgenossen“ auf dem Tisch. Es entdeckt die großen Augen, das rasche Heran laufen an herumliegende Brotkrümel und wie der „Kollege“ mit den hintersten Beinchen die Flügel und mit den vordersten den Rüssel putzt. Es ahmt diese Bewegungen nach, reibt sich mit den Handflächen die Nase und fingert mit den Daumen nach seinen Schulterblättern. Dieses Kind wird so schnell „keiner Fliege etwas zuleide tun“.

7. Es hat sich einmal mit ihrer Art identifiziert. Mit seinem Warum ist dein Kind schon in jedes Ding der Welt gekrochen, das ihm aufgefallen ist, ohne dass es dir jedes Mal bewusst geworden ist. In diesem Fall eben lernt es außer dem Fliegen auch sich zu reinigen. Gib ihm diese Chance weiterhin! Du wirst dich noch einmal mit ihm „mitwaschen“ und – mitwachsen.

© eah 2012 und 21. Oktober 2023


4 Kommentare

  1. Avatar von Gamma Hans Gamma Hans sagt:

    Guten Tag.

    Gilt für Erwachsene:

    Warum: die Obszönität des Fragens.

    Kinder, kommen mit ihrer Obhut, sofern sie eine warme Zuneigung wahrnehmen, mit jeglicher Charaktere zurecht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Hans Gamma

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  2. Avatar von Thom Ram Thom Ram sagt:

    Ecki, alle Deine Beiträge haben mir gefallen und mich bereichert. Vorliegender toppt aus meiner Sicht alles.

    Summa cum laude!

    Ich erinnere mich der Fragephasen meiner Kinder lebhaftestens, erinnere mich der Momente, da ich passen mußte, da ich dem Schema „Antwort mit “ „weil“ einleiten“ verfallen war, „ich weiß es nicht“ sagen musste.

    Als Ergänzung zum Thema möchte ich an die eminente Wichtigkeit von „Geschichten erzählen“, „zusammen Geschichten erfinden“, „Geschichten vorlesen“ erinnern.

    Meine Mama las mir ganze Bücher vor, „Das Rösslein Hü“, „Bambi“, Nils Holgerssohn“, Das Dschungelbuch.

    Ich meine, daß dies den Weg ebnete, daß ich dann ab 9 gierig selber las, Lederstrumpf, Winnetou, Ein Kampf um Rom, Der Untergang von Pompeij. Später dann Hesse.

    Ich bin in strunz „aufgeklärtem “ Milieu aufgewachsen. „Alles ist Ursache und Wirkung. Die Wissenshaft bietet wahres Wissen. Vielleicht ist meinem Körper eine Seele angehängt. Es gibt in der unsichtbaren Welt Gott, Teufel und, vielleicht, Engel, wahrscheinlich Hölle, hoffentlich Paradies, mehr nicht.“
    Ich vermute, meine Mama hielt in mir mit ausnahmslos täglichem Abendgebet, Gute Nacht Lied und mit eben ihrem Vorlesen den Keim lebendig, hinter allem mehr zu vermuten als was mein Auge sieht und meine Sicht unabläßig erweitern zu wollen.

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  3. Avatar von palina palina sagt:

    kenne das von den Kindern zur Genüge.
    Meine Antwort war stets:“Weil ich dir das sage.“

    Beispiel
    Frage vom Kind. Warum muss ich heute die blaue Hosen anziehen?
    Meine Antwort s.o.

    Beispiel
    Frage vom Kind. Wieso können Bienen fliegen?
    Weil es der liebe Gott so eingerichet hat.

    Das Kind merkt die „Wahrhaftigkeit“ beim Erwachsenen.

    Die meisten Eltern versuchen zu erklären und zu erklären.
    Deshalb gibt es auch diese „dummen“ Wissenschaftsbücher für das Kindergartenalter.

    Hast du schön geschrieben Ecky.

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  4. Avatar von eckehardnyk eckehardnyk sagt:

    Erst heute komme ich dazu, eure wertvollen Kommentare zu lesen. Mea culpa! Was nützt es, warum zu fragen? Nur eine stillende Antwort, wie ihr geschrieben habt, will Kind erreichen. Auch ich erinnere mich jetzt an die Antworten von Palinas Mutter, die von meier Mutter ebenfalls gebraucht wurden, die mir beim Schreiben dieser 13. Szene aber entfallen waren. Eher wusste ich mir damit zu helfen aus der Warum-Frage eine Warum-Aufforderung zu machen, was sich in Thom Rams Antwort widerspiegelt.
    Die oft gehörte Warumfrage vieler Erwachsener: „Warum hat Gott das alles zugelassen?“ – wäre sie genauso zu beantworten? Mit „weil es der liebe Gott so eingerichtet hat“ nämlich dass der Mensch ist, wie er ist, aber nur, wenn er ist, wie Gott ihn zugelassen hat“. Siehe Letzten Satz dieser Serie: (144 von 144): als „das zu sich selbst zugelassene Kind.“

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