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Ueberfall / Der kleine Unterschied

Jedem Leser sind Faelle bekannt, da jemand auf diese oder jene Weise misshandelt wird, und da Zeugen nicht eingreifen, sei es, weil sie Schiss haben, sei es, weil sie in der Meinung leben, es gehe sie nichts an.

Mir ist nicht bekannt, wie das in nicht deutschsprachigen Laendern Europas ist, aber im deutschsprachigen Bereich gibt es deren Exempel Unzaehlige.

Nun.

Einer meine indonesischen Freunde, ein Junger Mann, dem habe ich ermoeglicht, ein kitzekleines Geschaeft zu beginnen: Goreng verkaufen. Goreng, das bedeutet in Oel erhitzt, und da gibt es viele Variationen, von Gemuese ueber Gefluegel bis zu Bananen.

Letzte Nacht nun, mein Freund war mit seinem Kumpel noch eine halbe Stunde vor Mitternacht am geduldigen Warten auf Kundschaft, da kam eine Horde, geschaetzt ein  Dutzend Jugendlicher, zwischen 14 und 25 Jahren alt, wie landesueblich auf Mopeds, angefahren, hielt an und sie verlangten Zigaretten. Mein Freund sagte wahrheitsgemaess, dass er keine Zigaretten fuehre.

Damit war der Kampf eroeffnet. Der groesste Pruegel trat meinem Freund in den Bauch, der, ein wohlgebauter, leichter Javanese, gab den Tritt zurueck. Zwei der lieben jungen Leute wollten das Taeschchen meines Freundes greifen, da das bitzeli Geld und die Ausweise drin sind. Mein Freund konnte sich das Taeschchen sichern, und mit der freien Hand begann er, auf die naechsten lieben jungen Leute einzudreschen. Ein anderer Jugendlicher grabschte eine Plastiktasche, welche Kuchen enthielt und haute damit schon mal in die hintere Reihe ab. Mein Freund nun schrie aus Leibeskraeften „Maling, Maling!“ Maling ist aehnlich mit „Dieb“ und wird in gesamt Indonesien als Notruf verstanden, wenn man ueberfallen wird.

Ich komme zum Punkt.

Innert kuerzester Frist war eine Horde von Maennern da. Nein, keine Polizisten. Einfach die Nachbarn waren da. Das lief blitzschnell ab. Kaum eilten die Maenner zur Stelle, hauten die lieben jungen Leute auf ihren Mopeds wie die Fliegen ab.

***

Balinesen klauen traditionell nicht.

Viele Javanesen und Leute auch anderer indonesischer Inseln klauen wie die Pest. Kein Mensch (kein Mensch!) in Java laesst sein Moped nachts vor dem Hause stehen.

Balinesen, welche einen Dieb erwischen, pruegeln ihn. Es kommt vor, dass sie ihn zu Tode Pruegeln.

Javanesen desgleichen…das erstaunt mich. In einem Land, da es viele Diebe gibt, da ist der Gegenpol trotzdem oder meinetwegen eben deswegen stark. Denk, denk.

***

Ich komme zum Anfang zurueck.

Ruf mal in der Schweiz oder in teutschen Landen um HIlfe, wenn du beklaut oder, schlimmer, bedroht wirst. Welcher Nachbar nimmt sofort seinen Knueppel und eilt stracks zu Hilfe, welcher Passant steht dir bei? Ich sage: Einer von Zehn, freundlich geschaetzt.

***

Liebe gute Menschen werden wieder sich ereifern und darauf hinweisen, dass der liebe Jesus gesagt habe, man solle die andere Backe hinhalten, wenn man auf die eine schon gewatscht worden ist. Zudem erzeuge jede  Gewalt nur noch mehr Gewalt. 

Joshuas Aussage wird komplett falsch interpretiert.

Joshua wollte damit keineswegs sagen, man solle sich widerstandslos berauben oder niederknueppeln lassen. (Die Maehr vom Kreuzestod ist erfunden. Hier…..oh, nix ist mit „hier“. Ich sehe gerade, dass mein einleitender Artikel ueber den erfundenen Kreuzestod Joshuas aus bb entfernt worden zu sein scheint. So geht das nicht. Bei Gelegenheit werde ich nachdoppeln)

Joshua wollte mit der beruehmten Backe, mit meinen Worten ausgedrueckt, sagen:

Wenn dir schwer zu Ertragendes widerfaehrt, dann bleibe erst recht offen fuer dein weiteres Leben und Erleben.

Oder, andersrum: Wenn du dich nach schwerer Erfahrung gegen das Leben zu stemmen beginnst, in Abwehrhaltungen gehst, dann wird es erst recht sehr nicht heiter werden.

Das ist der Sinn der anderen Backe, welche man offen halten moege.

***

Tolle Paedagogik ist eine sehr gute Sache. Wenn aber Leute daherkommen und Gewalttaetig sind, ist mit Paedagogik nichts auszurichten. Da gehoert erst mal der Knueppel her, das ist die einzige Sprache, die verstanden wird.

Putin zum Beispiel holt derzeit die Knueppel aus dem Sack. Richtig so.

***

Ich gratuliere meinem jungen Freund zu seiner furchtlosen Selbstverteidigung.

Ich gratuliere den Menschen hier zu ihrer Solidaritaet.

thom ram, 01.04.2015

P.S.

Wenn ich schreibe, die Jungs haben Kuchen geklaut, wird der Mensch in der guten Stube im Sofa vielleicht denken: Was fuer ein Aufruhr um Nichts.

Diesem Menschen moechte ich sagen: Der Junge Freund hat zurzeit keine andere Chance, seinen taeglichen Reis zu verdienen. Wer um ein Tageseinkommen von 3 Euro ringt, kann weder das Dach reparieren noch seinen kranken Zahn flicken lassen. Da ist eine Tasche mit Kuchen im Wert von 10 Euro was? Richtig, mehr als drei Tagesverdienste.

 


15 Kommentare

  1. Dude sagt:

    Danke für den Bericht!

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  2. thomram sagt:

    Gerne 🙂
    …Und raus aus der Zwischennetzkiste…

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  3. ooms sagt:

    WEM SOLL ICH DENN GRATULIEREN
    DEM DER AUFWACHT
    UND VERSTEHT
    DASS ES WEDER DIE RECHTE NOCH DIE LINKE IST DIE MAN HINHALTEN SOLLTE
    SEIT STAERKER tomele
    es gibt mehr als nur ANGST,,,,,,,,,,,,,,viel mehr

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  4. Dude sagt:

    @Ram

    War der Vorfall in Tschava oder auf Bali?
    Und häufen sich solche Vorfälle?
    Sind Dir weitere Erfahrungsberichte bekannt?

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  5. luckyhans sagt:

    Ja, hier in D wird empfohlen, nicht nach „Hilfe“ zu schreien, sondern „Feuer“, wenn man überfallen wird.
    Das ruft das egoistische Eigeninteresse auf den Plan („wo brennt es? doch nicht zufällig bei mir?“) und sorgt für „allgemeine Aufmerksamkeit“… 😉

    Ansonsten hat ja noch niemand den Satz für ungültig befunden: „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott“… – nein, es ist schon eine Schande, daß nur noch wenige Menschen bereit sind, ein Risiko für sich selbst einzugehen, um jemand anderem aus der Patsche zu helfen.
    Es werden ja auch in diesem Land seit Jahren nur solche Fälle publik gemacht, bei denen der selbstlose Helfer hinterher der Angeschmierte war.

    Insofern ist meine innere Abneigung gegen das Macht- und Unterdrückungsinstrument „Großstadt“ in der letzten Zeit nur gewachsen, denn zu den Zeiten, da wir selbst viele Jahre nur in Großstädten (auch verschiedener Länder) gelebt haben, waren diese Dinge (gefühlt) noch nicht so schlimm wie jetzt…

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  6. Vollidiot sagt:

    Hilf dir selbst.
    Aber nur, wenn du in den Killermodus wechselst.
    Sonst wirst du gar keine Chance haben.

    Eier, Kehlkopf, Hals und Nacken
    treffen – es muß markig knacken.
    Liegt der Erste auf dem Rücken,
    ja nicht nach dem Kerle bücken.
    Duck dich weg und aus der Drehung
    mit dem vollsten Spin
    schlägt ein die Faust am nächsten Kinn.
    Gut gemacht und fertig ist die Mähung!
    Der Dritte, der dies sieht,
    flieht.

    Auch eine Art von bb.

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  7. thomram sagt:

    @ Dude
    Der Vorfall war in Sanur, Bali. Die Jungs waren Balinesen. Ein Zeichen des Zerfalls hier, denn, ich schrubete schon, Balinesen haben bislang aeusserst selten geklaut.
    Den Rest kennst du. Indonesier tolerieren viel. Die Toleranzschwelle liegt sehr hoch. Wenn sie aber ueberschritten wird, steht ein Haus in Flammen oder einer betrachtet die Pilze von unten, da gibt es keine Gratispsuechologii fuer den Taeter.

    Gefällt 1 Person

  8. luckyhans sagt:

    @ Volli:
    Gewalt als Mittel zur Klärung von Konflikten halte ich für keine gute Idee – egal wie – wir sollten sie nie als unsere Handlungs-Option ansehen.
    Gewiß kann es Fälle geben, wo eine Deeskalation nicht möglich ist – sei es aus der Unklarheit der Situation heraus, sei es aus zeitlichen Belangen.
    Dann stimme ich mit Dir überein, daß wir ALLES, was wir tun, mit Hingabe und Begeisterung tun sollten – dann klappt auch mal Widerstand gegen scheinbar überlegene Gegner (wenn’s nicht anders geht). Es sollte aber wirklich die absolute Ausnahme bleiben – auch Flucht kann eine brauchbare Lösung sein und ist keinesfalls „unehrenhaft“.
    Und auch bei aufgezwungenem Kampf sollten wir immer im anderen den Menschen sehen, dem wir halt auf diese Weise „helfen“ (müssen), auf den richtigen Weg zu kommen – das hält die Seele rein.

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  9. luckyhans sagt:

    @ thomram:
    tolarare – lat.: ertragen, erdulden, aushalten, dulden, leiden – tolerant bedeutet also vor allem leidensfähig – ist es das?

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  10. Dude sagt:

    @Hans

    Ja. Die Mentalität da unten ist ganz anders, was mitunter auch dem ziemlich eigensinnigen, speziellen Hinduismus geschuldet ist. Zumindest abseits der von westlichen Wohlstandsaffen überfluteten Tourismuszentren ala Kuta.
    Ps. https://dudeweblog.wordpress.com/2014/04/08/zauberinsel-bali/

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  11. thomram sagt:

    @ Luecki 04:06
    Deine Frage ist berechtigt.
    Toleranz bedeutet im Alltag: Etwas geschehen lassen, obschon es mir nicht so recht gefaellt. Beispiel. Ich hocke an einem prima Ort und geniesse das Leben. Da macht der Nachbar Satansmusik an. Gelingt es mir, mein wachsendes Leiden bloss zu beobachten, statt es mir zu eigen zu machen, uebe ich Toleranz aus.
    Berechtigte Frage nochmal:
    Wenn du hier mal rechts statt wie landesueblich links faehrst, schaut keiner bloed. Ist aber ein anderer Fall, das…es stoert die Leute in der Tat gar nicht. Kann man da auch von Toleranz sprechen?
    Wenn nicht, muss ich umschreiben:
    A) Viele Dinge kann man hier machen, ohne dass es jemanden stoert, Dinge, welche in Europa den Arschfinger provozieren wuerden, auf der falshcen STrassenseite fahren zum Beispiel.
    B) Vieles lassen die Leute trotz innerem Widerstand durch, die Leute schlucken Aerger bis zu einem hohen Level runter, sie setzen die Toleranzschwelle hoch an….bloss…..wenn das dann kippt, wenn eine bestimmte Aergergrenze ueberschritten wird, dann schlagen sie brutal zu.

    Danke fuer den Anreger, genau hinzukucken.
    🙂

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  12. Vollidiot sagt:

    Thom

    Ein Beispiel………..
    Du stehehst auf dem Bahnsteig mit etlichen Leuten.
    Auf dem anderen Bahnsteig fangen 3 Kerle einen Einzelnen an fertig zu machen (dieser Einzelne hat zuvor Jugendlichen geholfen vor der Bedrängung durch diese drei) – auf diesem Bahnsteig sind nur ein paar Frauen.
    Alle Leute schauen zu.
    Demokraten? Die ihrer Entsvcheidungsfreude mit Kreuzchen auf Wahlzetteln Ausdruck verleihen?
    Christen? Die Gewalt ablehnen?
    Ober eine unheilige Allianz beider?
    Oder sind sie fasziniert, weil sie abgleichen wollen wie TV-Gewalt und reale Gewalt übereinstimmen?
    Drüben auf dem Bahnsteig geht der Einzelne zu Boden – es richt mindestens nach Totschlag.

    Du forderst Umstehende auf gemeinsam einzuschreiten.
    Ruhe.

    So und jetzt kommt mein „Wenn – Dann – Text“ von oben.
    Wenn Du Dich als Einzelner auf den Weg machen solltest – dann in dem Weise, daß Dein Handeln wahrscheinlich solcherart erforderlich sein wird.

    ………………aus dem Leben.

    (Der Einzelne vom Bahnsteig gegenüber lebt nicht mehr.)

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  13. thomram sagt:

    @Volli

    Eines ist sicher. Jeder Fall ist anders.
    Bis ich den Zorn habe, der mich ruecksichtslos auf eigene Verluste dreinhauen laesst, braucht es viel. Bei andern braucht es wenig.
    Aber was soll es, ich gebe hier, einmal mehr, einen Teil meines Psychogrammes preis, wen sollte das interessieren.

    Ich kann nicht klar nachvollziehen, was du mitteilen willst grad, Volli.

    Ja, einer lebt nicht mehr. Oder der andere lebt nicht mehr. Alles eine Frage vom Text im Buche des Lebens UND der Einmischung von Egoprogrammen.

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  14. Vollidiot sagt:

    Thom

    Auch eine Option.
    Keiner muß sich einmischen.
    Ich hätte mir gesagt:
    Hier lebt Schicksal – was geht mich das an – ich halte mein Karma rein. Und gehe weiter.
    Gedanken dabei haben ja durchaus Sinn.
    Wenn es Dein Karma gewesen sei dreinzuschlagen oder mit draufzugehen – dann hättst di eigmischt.
    So hat nur einer geerntet, was er einstmals sääte und andere haben nun sich etwas aufgeladen.
    Eine spätgrichische Tragödie.
    Und die Vojeure?
    Werden an ihren Gedanken gemessen.
    Das ist durchaus nicht einfach zu beurteilen/verurteilen.

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  15. Dude sagt:

    „Ich hätte mir gesagt:
    Hier lebt Schicksal – was geht mich das an – ich halte mein Karma rein. Und gehe weiter.“

    Erinnert mich sehr an Onkel F. https://dudeweblog.wordpress.com/2013/04/16/einkehr-in-die-hohle-des-wesens/
    😉

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