Eckehardnyk, Mittwoch 22. Oktober NZ 13
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Gefühle, insbesondere Gerechtigkeit betreffend, sind bei Gericht heute irrelevant (auch wenn sie dort zum schmutzige Wäsche waschen und Schaum schlagen willkommen sind.) Entschieden wird nach Lage von Vorschriften und Bestimmungen, die man in den meisten Fällen aus Gewohnheit „Gesetze“ nennt, weil „staatliche Organe“ sie erlassen haben. Im Gerichtssaal selbst erhält man ein „Urteil“. Auch Manager und Politiker glauben, immer wieder auf ihre „Unabhängigkeit“ von Gefühlen hinweisen zu müssen.
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Dabei ist schon die bloße Erwähnung von Gefühlen ein sicherer Garant, dass sie bei politischen Entscheidungen eben doch mitwirken. Dies sollte hier nur diskret, wie eine kleine, feine und ewige Wahrheit angemerkt werden.
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Wer gesehen hat, wie ein Kanzler nach sechzehn Jahren unter Tränen beim Zapfenstreich von seinem Amt Abschied genommen hat, der sollte auch berücksichtigen, dass in diesem Menschen Gefühle bei Amtshandlungen anwesend waren und gerade auch da, wo er „am laufenden Band entscheiden“ musste. Weint man einer gefühllosen Laufbahn eine Träne nach?
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Welche Rolle spielen sie nun? Was sind sie überhaupt? Wo kommen sie her, wo gehören sie hin? Ein mir bekannter Psychotherapeut lässt seine Patienten ihre jeweiligen „Iche“ in Rollen darstellen. Wenn ein Klient sagt:
„Ich war wütend über den Busfahrer, der mir die Tür nicht geöffnet hat“
dann fragt er zum Beispiel zurück: „Welches Ich?“
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Damit soll auf den Ich-Anteil gedeutet sein, der in so einem Moment von einer Emotion total überwältigt ist. Dann sucht man nach einem vergleichbaren Wesen, das diese Rolle normalerweise spielt, etwa einen Hofhund, der bellend an seiner Kette hochfährt, wenn ein Fremder in sein Revier eindringen könnte. Wir haben es mit inneren Mitspielern zu tun, die uns beobachten und bei passender Gelegenheit in unsere Rolle schlüpfen.
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Da könnte unsere Gefühlswelt mit dem schönen alten Titel von Paul Eipper benannt werden Tiere sehen dich an.1 Ja, die fallen uns innerlich direkt an, oder treten wie Klein Zaches 2 an unserer Stelle nach außen, wenn wir es ihnen gestatten.
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Deshalb wollen wir es als geboten ansehen, unser Kind auf Gefühle, die ich auch „Kontakterfahrungen“ nenne, einzustimmen; es vorzubereiten und ihm den freien Zugang zu seinem „Zoo“, zu seiner Gefühlsmenagerie zu ermöglichen. Es ist wichtig, dass dies auch zwischen Weihnachten und Geburtstagen geschehe! Wenn du dein Kind für das Überqueren einer verkehrsreichen Straße „erziehen“ willst, gib ihm deine Gefühle mit und sag: „Du sollst erst links und dann rechts schauen und, wenn die Straße frei ist, gerade, nicht schräg, Marsch, Marsch über die Fahrbahn, das heißt, zügig gehen, nicht rennen!“
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Durch solche Reden baust du im Kind eine Brücke, über die es gleichsam getragen wird, wenn es sich in der Situation draußen an dich erinnert. Es findet in seinem Gemüt etwas von zu Hause wieder, wenn du mit ihm im Bewusstsein und mit der Tönung deiner Erfahrungen redest. (Denk an die Insel im Ozean aus Liebe, Szene 33, oder Das Hindernis aus Liebe, Szene 32, die auftaucht, diesmal als innerlich gespürte Hemmung blindlings über eine befahrene Straße zu rennen.) Sollte die eben genannte Einwirkung dein Kind gleichgültig lassen, so müsstest du an der Eindrücklichkeit deiner Rede arbeiten, damit Gefühle transportiert werden können. Oder erzähle ihm ihm eine kleine Geschichte:
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„Ein Mann will im Sommer über ein Gebirge, packt seinen Rucksack voll Flaschen und hastet den Berg hinauf. Noch bevor er oben ist, bricht er zusammen, und seine Last kullert ins Tal zurück. Ein anderer Mann hat denselben Weg, er nimmt sich auch genügend Wasser mit, teilt seine Kräfte ein, bewahrt die Übersicht und kommt oben heil an“
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Dann vergleicht ihr die Geschichte mit der Situation auf der Straße, und achte darauf, ob es mit eeinem Nicken bestätigt, dass es mitgekommen. Erst dann hat es die Parallele begriffen. Von da an wird es eine Fahrbahn wie einen Fluss auf einer schwankenden Hängebrücke passieren.
1 Paul Eipper (1891-1964) publizierte dies 1928 und schuf einen neuen Typ der Tierdarstellung (siehe www.detlef-heimsohn.de „Die Bücherkiste“
2 E.T.A. Hoffmann (1776-1822) Klein Zaches genannt Zinnober 1819
(c) EAHilf, Abenteuer Erziehung 2012, sowie 22.10.2025
Kommentar von Mujo vor 5 Jahren (20. Juli):
„Wer behauptet, daß im Gerichtssaal Gerechtigkeit pur erzeugt werde, gilt heutzutage als naiv. Man erhält dort ein Urteil, und man sollte für das ganze Gerichtswesen den Begriff „angewandte Gerechtigkeit“2 einführen, parallel zur angewandten Kunst: Nicht großartig aber nützlich durch die Zierde, die sie dem öffentlichen Leben verleiht.“
Gerechtigkeit im Gerichtszahl ist für die Dummen einfältigen.
Um was es wirklich geht ist der Rechtsfrieden. Das ist die Aussage eines Richters das ich von dritte Erfahren habe.
Man kann es auch so erfassen man möchte möglichst einen Ausgleich finden der für alle Fair ist. Gesetze sind da nur anhaltspunkte in welche Richtung es gehen soll.
In der Politik geht es nur nach Gefühlen, man schiebt gern die Gesetze vor aber Handelt nach dem was möglich ist und von der Bevölkerung mit getragen wird.
Würden als beispiel alle Menschen die Maskenpflicht in den Geschäften verweigern müsste die Gesetzgebung dem auch angepasst werden weil keine Chance der durchsetzung besteht, was sie auch sicher unter welchen Gründen auch immer tut.
In letzter Konsequenz wird immer nach den Gefühl gehandelt, weil wir nicht anders Erzogen wurden, schon als Kind. Und weil unser lernwille dabei am größten ist.
Zivilisation ist kein Ort für Gefühle.
Auch kein Ort für Kinder.
Nur für Krieg und Wahnsinn und das seit 10.000 Jahren. Aber davor war es gut.
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Werdet endlich erwachsen wie Dostojewski. Ihr „Künstler“
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Lieber Ecki,
wie kann ich Fragen beantworten, wenn es um die Wahrheit geht?
Einem Kind wird vermittelt, daß es einen Weihnachtsmann/Christkind gibt. Der, die Geschenke bringt. Bist du brav, kommt er, der Weihnachtsmann oder das Christkind.
Der Osterhase. Wenn du brav bist, bringt er die Ostereier usw..
Lügen über Lügen…..
Wenn ein Kind Angst hat, hier: der Bullullu.
Das Kind hat einen Bullullu/schwarzer Mann gesehen. Oder es meint, einen gesehen zu haben.
Kinder können bis zu einem gewissen Alter Bullullus sehen.
Wie kann ich meinem Kind die Angst nehmen? Antwort: Es gibt keine Bullullus. Woher weiß ich das? Es gibt doch welche, wie erkläre ich das?
Bullullu – der schwarze Mann.
Der unter deinen Bett ist der, der in der Ecke steht oder sonst wo. Der, der bedrohlich ist. Den es gibt.
Morgendämmerung: Ich habe auch einen Bullullu/schwarzen Mann als Kind gesehen. Der stand mitten im Raum, unter der Deckenlampe. Er hatte einen Mönchsmantel oder sowas wie eine Kutte an. Er hatte eine Kapuze auf. Er schaute, nur seine Augenschlitze, kaum sichtbar, finster drein. Und ich wußte, er würde mich holen. Wie, weiß ich nicht. Ich wußte nur, daß er mich holt. Und wenn er mich bekommt, bin ich tot.
Ich schrie. Schrie um mein Leben. Meine Mutter kam herein, machte Licht, und dieser unheimliche „Bullullu“ war weg.
War er wirklich da? Habe ich mir das eingebildet?
Wie gehe ich mit einem Kind um, das „sowas“ gesehen hat. Diese Dämonen existieren. Wie kann ich einem Kind diese Angst wegnehmen?
Diese Dämonen kommen unverhofft, unvorbereitet, das ist ihr Ziel.
Fragen über Fragen.
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Bettina 04:45
Wenn Kindern der Osterhase nur was bringt und es das „Christkind“ ist, welches Geschenke unter den Baum legt, und sie tun es nur, wenn das Kind brav war, wenn die schwarzen Schmutzli des Nikolaus schiere Menschenfresser sind, nun, dann wundert mich nicht, wenn das Kind von bösem Geist optisch sichtbar heimgesucht wird…
Ich wuchs insofern gesegnet auf, nämlich ohne solche Angstmacherei 🙂
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Thom, Du hast für Ecki geantwortet
Schön, daß Deine Eltern Dir diesen Quark erspart haben.
Meinst Du, daß wenn die Kinder so angelogen werden, sie den schwarzen Mann/Bullullu sehen bzw. heimgesucht werden?
Habe ich das Gefühl, daß wir beide in Bälde nur noch im Dialog sind?
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26/11/2025 um 04:39
Bettina, liebe Bettina, die Kommentare und Antworten hier zu geben, wird durch das Wunder Technik ständig vermasselt. Ich schreib dir gerne Antworten per M;ail, wenn das möglich wäre. Ich bitte den Thom dass er mir deine Adresse gebe
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26/11/2025 um 04:50
Noch mals an Bettina: so was Komisches aber auch. Erst hieß es, dein Kommentar konnte nicht … Un nu doch, beim zweeten Versuch.
Dann also los Bettina zu deiner Erzählung. Ich kenne den Ausdruck BULULU nicht, aber dass schwarze oder sonstwie gekleidete Figuren im Zimmer auftreten, nicht nur bei Kindern, ist kein Geheimnis. Loucadou, Psi-Forscher in Freiburg beschäftigt sich Psi-wissenschaftlich mit solchen Phänomena ohne Anthro- oder sonstiger -soph zu sein.
Ich habe in meinem Buch, Abenteuer Erziehung, diesen Bereich völlig draußen gelassen, weiß nicht mal warum, aber es kam mir in der damaligen 1998-er Ursprungszeit nicht in die „Feder“. Geistige Welt hat ihre Interessen und ihre Gehilfen müssen sich hierbei nach ihren Wünschen richten, um ihr Werkchen an ein brauchbares Ende zu bringen. Andere Weggefährten beim Schreiben habe ich nicht. Ich bin ihr Writer und sie mein Ghost. Danke vielmals für deinen Beitrag, wenn du gestattest, füge ich ihn in die neue Buchauflage mit ein
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Lieber Ecki, Du kannst alles in Deinem Buch beifügen.
Angemerkt bleibt: Wie kann ich einem Kind erklären, daß es keinen oder einen Bullullu gibt, ohne, daß das Kind Angst hat.
Das war meine Frage. Weil: Es gibt sie ja.
Mittlerweile hat es sich normalisiert. Mein jüngster Enkel hat keine Angst mehr vor dem Bullullu. Im Gegenteil. Jetzt, wo die Tage verkürzt sind, werden die Rolladen runtergelassen, und wir verstecken uns, gehört alles zum Spiel. Er selbst ist jetzt der Bullullu. Er ist der Regisseur des Spieles.
Und anmerken muß ich noch: Er findet Dinosaurier super. Gerade die Tyrannosauriers in ihrer martialischen Art, mit aufgerissenem Maul. Furchterregend. Und er besitzt diese Unholde, gummi- und künstlich in Körperform, in einen größeren Umfang, die sehr große Mäuler mit Zähnen haben und sogar Geräusche von sich geben. Diese Figuren üben eine Faszination aus.
Gleichaltrige Mädchen, in seiner Spiel- und Freundesgruppe, spielen mit Einhörnern, niedlich, bunt, brav. Herausforderungen bei diesen Spielen von den Mädchen ist, wer ist das schnellere Einhorn.
Dieses Bullullus oder wie man sie nennen mag, wurde auch bei Stephan King verfilmt. In „Es“. Da war eine riesengroße Spinne, die sich in einen Clown verwandeln konnte und die Kinder faszinieren.
Soviel nur dazu von meiner Seite aus.
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