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Eltern, Kind und Kinderstube: 25. von 144 – Spiel und Beruf
Was kann Geschicklichkeit, Karriere ?
Von Eckehard
Geschicklichkeit ist eine Voraussetzung für Gleichberechtigung.[1] Und wann und wo beginnt Karriere? Wenn die Startchancen gewahrt wurden? Doch langsam: Denken wir daran, daß Geschicklichkeit einer jener Weggefährten ist, die aus dem Kindesalter mitgebracht werden, aber in unserer früheren Aufzählung noch nicht erschienen sind. Ich vermute, es werden noch weitere solcher Kameraden auftauchen, die durch die Reifeperiode im jugendlichen Menschen ein geschäfts- und gesellschaftsfähiges Profil erreichen können.
Hast du dich schon gewundert, wie geschickt ein Kind es anstellt, an Sachen heranzukommen, die es nicht haben soll? Plötzlich hantiert es mit Schere, Meißner Porzellantasse oder dem Parfüm seiner Mutter, hat sich Stecknadeln ins Leibchen gespickt oder probiert im Mund aus, wie Reißnägel schmecken. Und in der Regel passiert nichts. Erst Schreckensschreie lassen Kinder Reißnägel verschlucken.
Einst beobachtetest du bei seinen Gehversuchen, wie klug es umsinkt und gleich wieder aufsteht. Hör auch, welche neuartigen Wörter es erfindet, um ein neues Phänomen zu begreifen.[2]
Geschicklichkeit ist einer der ersten Begleiter jedes Lebewesens. Geschlecht oder Rasse spielen keine Rolle. Doch Freizügigkeit ist Voraussetzung. Geschicklichkeit wird ständig geübt. Auf daß sie als Übung nicht langweilig werde, hat die Natur das Spiel „erfunden“. Spielend lernen Tier und Mensch alles; ich meine, auch Pflanzen kommen spielend auch durch Asphaltdecken ans Tageslicht. Man muß sie nur lassen. Einem Katzerl brauchst du nicht befehlen: Spiel jetzt! Seine eigene Schwanzspitze, eine leere Garnrolle oder ein Filmdöschen reichen um dahinter wie einer „Maus“ nachzujagen. Deinem Kind braucht hoffentlich niemand zurufen: Spiel! Das macht es von selbst, aber womit? Als Neugeborenes mit seinen Händchen und Fingerchen. Dazu sollte es freilich auf dem Rücken liegen dürfen.
Mit den einfachsten Mitteln wird am ausdauerndsten gespielt. Vermeide allzu fertige Sachen. Dein Kind soll selber etwas fertigen – davon bekommt es seine „Fertigkeit“, ein anderes Wort fürs Geschicktsein. In jeder Lebensphase erlernt dein Kind spielerisch etwas hinzu, wenn du es nicht mit Neuigkeiten überfütterst. Du machst das gewiß nicht, aber das Fernsehen (und inzwischen die Smartfone). Ein junger Hund hat es in dieser Beziehung besser, er braucht und kann nicht fernsehen (oder smartfonieren), deshalb wird er immer gerade soviel Neues aufspüren, wie er nötig hat, um weiter zu kommen. Und „Weiterkommen“ ist die Übersetzung für das romanische Wort „Karriere“ (französisch carrière, von italienisch carriera).
Aus irgendeiner besonders nachhaltig gepflegten kindlichen Geschicklichkeit kann in der Pubertät ein bleibendes Interesse werden, und daraus sich ein Berufswunsch entwickeln. Aus den Übungsspielen an Klavier oder Klarinette könnten professionelle Veranstaltungen werden. Das erste Geld wird damit heim geschafft und eine Karriere zeichnet sich ab. (Natürlich auch umgekehrt: Aus dem Nichtspielen eine nihilistische) Überall das gleiche Bild: Ein Spiel wird Profession. Natürlich hängt das mit Talent, Begabung oder Anlage zusammen; alles Begriffe, die heran gezaubert werden, um etwas Unerklärliches mittels Unbegreiflichem zu deuten wie, daß der Regen vom Niederschlag komme (und die Armut von der Povertät). Je nun: Es gibt hervorragende Genies, denen weder in Schule noch Hochschule Talent oder Begabung, sogar Denkfaulheit nachgesagt wurde wie dem Mathematiker Gauss. Solche einstigen Kinder haben allerdings etwas überwintern lassen, was zahllosen Kindern, deren Talent bewundert aber unter dem Eis der Pubertät abhanden kam: Neuigkeiten wittern, auskundschaften, ausprobieren, weiter wollen und unablässig, spielerisch Geschicklichkeit in professionelle Meisterschaft verwandeln. Und noch etwas kommt hinzu; das hat mit Dankbarkeit zu tun.
© EAHilf 1998 und 2020
[1] Ein kühner Satz, der in der Buchform von ABENTEUER ERZIEHUNG unter den Augen einer lektorierenden Pädagogin abgeschwächt wurde durch den Klammersatz:“(Wer hätte das gedacht?)“
[2] Beim Anblick eines pyramidenförmig großen Springbrunnens machte ein Kind in Baden-Baden seine Mutter auf einen „Wasserbaum“ aufmerksam. Ein anderes Kind im Frankfurter Zoo rief einmal angesichts eines Okapi zu seinem Vater: Kuck mal, ein Zebra-Esel!