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Leuchtfeuer / Es ist möglich / Willkommen in Sikkim

Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.

Eingereicht von Hilke.

Thom Ram, 14.10.06

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Original in Schrot u. Korn.

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Willkommen in Sikkim

Sikkim © Karin Heinze
Der Weg ins Bio-Land führt durch den Willkommens- torbogen von Sikkim. © Karin Heinze

UNTERWEGS 100 Prozent Bio-Landbau ist möglich. Das zeigt ein indischer Bundesstaat – und hat damit das Herz unseres Autors Bernward Geier erobert.  

Sikkim macht mich fast sprachlos. Selbst wenn man nicht an Wunder glaubt, bleibt nach einem Besuch in diesem kleinen Land die Verwunderung über das, was möglich ist, wenn einer Vision Taten folgen. Die Vision „100 Prozent Bio-Landbau“ hatte Shri Pawan Chamling, ein Bauernjunge aus  Sikkim, der eine steile politische Karriere hingelegt hat und jetzt Ministerpräsident des Bundesstaats ist.

Mein erster Eindruck, als ich durch den Willkommenstorbogen nach Sikkim einreise: Bäume, viele Bäume und Affen. Es ist weder laut noch hektisch und auf den Straßen liegt kein Plastikmüll. Ich muss in einem anderen Indien sein. Es gibt viel Wald, unzählige Bäche, Flüsse und Seen – und Wasserfälle mit kristallklarem Wasser. Die Affen sind frech wie überall. Sie säumen mit ihren Clans die Hauptstraße und posen gerne mit den Neuankömmlingen für einen Schnappschuss. Mich faszinieren die idyllisch anmutenden Terrassenfelder und die Bauernhöfe, die an steilen Hängen in schwindelerregender Höhe zu sehen sind. Kaum zu glauben: Bio-Landbau so weit das Auge reicht. Der weise Spruch des leider verstorbenen Esprit-Gründers und Umweltschützers Doug Tompkins findet hier seine beste Bestätigung: „Wenn etwas schön ist, kann man davon ausgehen, dass es gut und richtig ist. Wenn aber etwas hässlich ist, dann ist es sicher falsch.“

Viele hielten Chamling für einen Fantasten

Dass in Sikkim seit 2016 ausschließlich Bio-Landbau betrieben wird, hat ganz viel mit Shri Pawan Chamling zu tun. Chamling wuchs auf einem Bauernhof auf und ging als Erwachsener in die Politik. 1994 wurde er zum ersten Mal zum Ministerpräsidenten gewählt. Als er vor 15 Jahren das Ziel deklarierte, ganz Sikkim auf Bio-Landbau umstellen zu wollen, hielten ihn viele für einen Fantasten, wenn nicht sogar für einen Spinner. Mittlerweile wurde der stets zurückhaltend auftretende Chamling  zum fünften Mal in seinem Amt bestätigt und trägt den Beinamen „grünster indischer“ Ministerpräsident. Im vergangenen Jahr wurde Chamling für sein Engagement mit dem One World Award der Bio-Firma Rapunzel ausgezeichnet (siehe Seite 47).

Doch einfach war die Umstellung  nicht. Die Farmen in Sikkim sind klein und zahlreich. Es gibt 65 000 Bauern und im Schnitt bewirtschaftet jeder von ihnen nur um die 1,5 Hektar Acker. Die Bauern mussten erst einmal überzeugt und im Bio-Landbau geschult werden. Das war eine echte Herausforderung bei den vielen kleinen, größtenteils sehr abgelegenen Höfen. Kluge Strategien waren gefragt – und bald gefunden. So wurde Kunstdünger nicht einfach verboten, sondern unattraktiv gemacht, indem die staatliche Subvention für Chemiedünger jährlich um zehn Prozent gekürzt wurde. Bereits nach ein paar Jahren war kein Bauer mehr an Kunstdünger interessiert.

Bio-Bauer wird man natürlich nicht nur, indem man Agrarchemie weglässt. Die Bauern lernten zum Beispiel auch Kompost herzustellen und damit zu düngen. In Sikkim setzt man dabei insbesondere auf die sogenannte Wurm-Kompostierung. Unterrichtet wurden die Bauern von Beamten, die vorher in ökologischen Landbaumethoden ausgebildet wurden. Wie produktiv der Einsatz von Kompost sein kann, erkenne ich, als ich in einem kleinen Maisfeld mit drei bis vier Meter hohen, saftig grünen Pflanzen stehe. Fast noch mehr beeindrucken mich aber die aprikosengroßen Kardamomtriebe, die in Sikkim geerntet werden.

Bio-Tee und Bio-Kardamom werden exportiert

Auf dem Weg zu 100 Prozent Bio war es auch wichtig, eine Zertifizierung zu etablieren und einen Markt für die erzeugte Ware aufzubauen. Heute werden alle Farmen nach internationalem Standard zertifiziert. Der einzige große Landwirtschaftsbetrieb, die staatlichen Temi Teegärten, sind seit Kurzem sogar Fairtrade-zertifiziert. Für den Verkauf der vielen Bio-Produkte wurde auf dem großen Markt in der Stadt Gangtok ein eigener Bio-Markt etabliert. Inzwischen gibt es auch kleine Bio-Läden und Ab-Hof-Verkauf. Einige Produkte wie Tee und Kardamom werden exportiert. Ein kluger Schachzug, um Bio weiter zu fördern, ist ein Gesetz, das ab 1. April gilt. Dann darf kein konventionelles Gemüse und Obst mehr nach Sikkim eingeführt werden.

Das ehemalige Königreich Sikkim befindet sich im Nordosten Indiens und grenzt an Nepal, China und Bhutan. Mit 7000 Quadratkilometern ist es das kleinste Flächenland Indiens. Die meisten der 650 000 Einwohner leben in ländlichen Regionen.
Nur 25 Prozent wohnen in kleinen Städten. Mit 30 000 Einwohnern ist die Hauptstadt Gangtok die größte Stadt des Bundesstaates Sikkim.

Ich besuche das Dorf Bul, hoch oben in den Bergen. Hier bauen 285 Familien in „Eiger Nordwand“-Steillagen Obst, Gemüse und Blumen an. Die Terrassenfelder sind schmal und erinnern an ausgelegte Handtücher. Bei der Hinfahrt sehe ich, wie ein Bauer hochkonzentriert mit einem kleinen Pflug samt Kuhgespann den Boden bearbeitet. Unglaublich, wie trittsicher die Kühe auf der Stelle wenden: hoch, drehen, runter und schon ist der Boden gepflügt.

In Sikkim ist man stolz darauf, Bauer zu sein

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12 Kommentare

  1. palina sagt:

    toller Bericht. Bin begeistert.
    Vandana Shiva ist studierte Quanten-Physikerin und hat ihr Leben der Erhaltung des alten Saatgutes in Indien gewidmet. Hier erzählt sie wie sie dazu kam. Sie hat sich das Wissen dazu selbst beigebracht.
    Das alte Saatgut hat viele Vorteile, weil es mit Dürre und Überschwemmungen zurecht kam.
    Sie kämpft schon seit Jahrzehnten gegen die Groß-Konzerne, von denen sie sagt, dass diese einen Krieg gegen die Erde führen.
    Sie versorgt die Bauern mit kostenlosem Saatgut und hat dazu ein ganzes Netzwerk gegründet.
    Wolf-Dieter Storl: Interview – Dr. Vandana Shiva (german sub)

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  2. palina sagt:

    Dänemark: auf dem Weg zum ersten 100%-igen Bio-Land
    Was könnte umweltfreundlicher und sozial vorteilhafter sein, als dass ein ganzes Land 100% Bio wird?

    Die dänische Regierung hat angekündigt, dass sie die ganze Landwirtschaft des Landes biologisch und dauerhaft umwandeln wird. Sie verkünden Dänemark als das erste Land der Welt, das 100% Bio wird.

    Dänemark ist führend, was biologische Produkte betrifft und wie es mit der Welt Handel betreibt, doch hat sich die dänische Regierung eine noch größere Herausforderung gesetzt. Die Regierung hat es geschafft, 2015 ganze 53 Millionen Euro aufzubringen im Bemühen, das Land in ein 100% biologisches Powerhouse zu verwandeln. Dies mag vielleicht der ehrgeizigste Plan des Jahrhunderts sein, doch angesichts der Tatsache, dass Dänemark bereits seine Vorliebe für biologische Produkte bewiesen hat, scheint dies erreichbar zu sein.

    https://www.horizonworld.de/daenemark-auf-dem-weg-zum-ersten-100-igen-bio-land/

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  3. haluise sagt:

    Hat dies auf haluise rebloggt.

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  4. Kunterbunt sagt:

    Da macht mein Herz Luftsprünge vor Freude ❣️ Auch beim Beitrag zu Dänemark ❣️

    Zur Metapher: …in „Eiger Nordwand“-Steillagen. Wenn sich der Bernward Geier bei mir melden mag, spende ich ihm eine Hinfahrt ab Interlaken über das weltbekannte Wengen (Skirennen am Lauberhorn) auf die Kleine Scheidegg, von wo aus er das sogenannte Eiger North Face solange es ihm beliebt betrachten kann. Wieso nur Hinfahrt? Um ihn einzuladen, den Rückweg Richtung Grindelwald zu Fuss zu bestreiten, denn auf dieser Strecke sieht man die Eigernordwand eine ganze Weile. Dort steht kein Bauer, keine Kuh und kein Pflug 🙂 nur einen kurzen Augenblick.

    Vielen Dank für die schöne Reportage ❣️

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  5. Yoku sagt:

    Danke für den wunderschön wegweisenden Beitrag!

    Hier noch ein kurzes Video aus Sikkim zum Thema Bio-Landwirtschaft.

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  6. Wolf sagt:

    Danke für den tollen Bericht! Die mentalen Voraussetzungen für ein Leben im Einklang mit der Natur sind in Sikkim sicher vorhanden: tibetanischer Buddhismus (ehemalige Staatsreligion) und Hinduismus aus Nepal. Hinzu kommt eine geringe Bevölkerungsdichte von nur 86 Einwohnern pro km2 (Schweiz: 205 Einwohner pro km2, BRD: 232 Einwohner pro km2, Bangladesch: 1106 Einwohner pro km2). Die hochwertigen Exportprodukte Tee und Kardamom sind dort heimische Pflanzen.

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  7. Wolf sagt:

    palina 14:06 – Dänemark auf dem Weg zum ersten 100%-igen Bio-Land

    Die dänischen Bauern sind vor allem in der Milchwirtschaft tätig. Über 90 % der in Dänemark produzierten Milch gehen zum dänisch-schwedischen Molkereikonzern Arla. Der Milchriese Arla gehört zu den Top 5 der größten Molkereikonzerne der Welt. Auch viele niederländische Landwirte liefern ihre Milch an Arla. Bei den Milchbauern handelt es sich überwiegend um Großbetriebe, also um Massentierhaltung. Trotzdem freue ich mich über die Bio-Politik der Dänen.

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  8. Hilke sagt:

    Toll, Palina, Dänemark auf dem Weg zum ersten 100%-igen Bio-Land, Norwegen eröffnet erste psychiatrische Klinik ohne Medikamente, so kann es weiter gehen. danke für Vandana Shiva auch, das Ur-Saatgut ist robust, yep. Laut meinem Büchlein „Urnahrung“ wurde z.B. der Weizen 170mal verändert im Laufe der Zeit. Der Urweizen Emma dagegen ist auch ein gewinn solcher Saatgut-Schützer.
    Meine Großeltern waren Bauern in Ossiland, daher rührt wohl auch meine Begeisterung für Bauern wie z.B. für diese hier:
    http://www.ldsr-mediatreff.de/category/video/Wovon-Kuehe-traeumen-Wenn-Tiere-nicht-mehr-nutzen-muessen-vom-Milchbetrieb-zum-Lebenshof/ce72ae27ea0a60cc941a9b7f0f05a1b3/10

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  9. Hilke sagt:

    Noch was, was Bauern und deren Tiere betrifft, das Video ist für mich ein Leckerli, so sieht Lebensfreude pur aus:
    http://www.ldsr-mediatreff.de/category/video/Gaucho-Tanz-von-Stier-Bandit-als-Dank/5d0725ed922488bb5ed37bc87968a4a5/10

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  10. Arno Energieheiler sagt:

    JA ICH habe auch einen Bio Garten 1000 qm ,da brauche ich nicht mehr so viel zu machen , und alles wächst da sehr gut , Melonen Feigen Weintrauben um nur ein wenig zu nennen , ich habe das ganze Jahr Gemüse , und mein Vorteil ist das ich genug Wasser habe zum gießen
    habe heute noch 10 Kg Tomaten geerntet , die beste Sorte für mich sind die Schokotomaten , die Schmecken besonders gut ,
    Ich Wünsche allen Biogärtner guten Erfolg . AMEN

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  11. palina sagt:

    @Hilke
    danke, dass du das in den Postkasten geworfen hast. Musste heute morgen erst einmal staunen.
    @Wolf
    danke für deine Informationen zu Dänemark.
    @Kunterbunt – guter Vorschlag.

    @Thom
    gute Idee das hier alles in einzelnen Artikel anzubieten.
    Habe mich jetzt aber gerade durchgewühlt durch die Meldungen.
    Besser das alles zusammen zu lassen. Ist nur eine Idee von mir.

    Da gibt es den Bericht von Indien.
    Dann den Bericht von Dänemark.
    Dann den Bericht von Vandana Shiva.

    Ich klicke nur noch hin und her und versuche die Kommentare zu erfassen.

    Ist nur ein Gedanke von mir.

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  12. Hilke sagt:

    Yoku,
    wunderschönes Video, voller strahlender Augen und Lebendigkeit, Farbenpracht und Üppigkeit. Die Bilder nehm ich mt in meine Nachtruhe, danke.
    Arno,
    dir weiterhin guten Erfolg mit deinem Garten!

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